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Neue Milde

Der erfolgreichste Trainer des deutschen Volleyballs ist zurück. Als Trainer von Berlin trifft Stelian Moculescu nun auf seinen Ex-Klub

Von Saskia Leidinger

Die Berlin Volleys spielen am Mittwoch in der Champions League gegen ihren größten nationalen Konkurrenten, den VfB Friedrichshafen. Viel besser geht0146s nicht im deutschen Volleyball. Mit dem neuen Mann an der Seitenlinie der Berliner gewinnt die Begegnung noch zusätzlich an Brisanz. „Man hat immer wenig Entertainment im Volleyball, jetzt haben wir das“, sagt der Neuberliner dazu trocken. Der Neue ist ein altbekannter. Mit Stelian Moculescu ist seit einigen Wochen der erfolgreichste Volleyballtrainer Deutschlands verantwortlich für die Berlin Volleys.

Es gab kaum ein Jahr, in dem der gebürtige Rumäne nicht irgendeinen Titel gewonnen hat – als Cheftrainer des VfB Friedrichshafen. „Dass es jetzt gegen den VfB geht, ist eine nette Laune der Natur“, kommentiert Moculescu, während er im noblen Café eines Wellnesshotels am Berliner Ku’damm sitzt. Entspannt und locker. Zwei Adjektive, für die Moculescu bislang wenig bekannt war. Bevor er 2016 eigentlich in Rente ging, beschrieb die Sportpresse Moculescu als unbequemen und streitbaren Mann. Vor allem mit dem Manager der Berlin Volleys, Kaweh Niroomand, gab es immer wieder Auseinandersetzungen. Dass Mocules­cu als Trainer in Friedrichshafen zeitweilig gleichzeitig Nationalcoach war, hatte Niroomand immer wieder kritisiert und dessen Rückzug verlangt.

Umso erstaunlicher, dass es nur ein kurzer Anruf von Niroomand war, der Stelian Moculescu überzeugt hat, aus dem Ruhestand zurückzukehren. „Wir waren zwei Alphatiere, die sich bekämpft haben. Aber es ist ja nicht so, dass da irreparable Schäden entstanden sind. Er hat mir ja nicht meine Mutter erschossen und ich nicht seine Mutter. Jetzt haben wir uns die Hand gereicht, und anstatt, dass sich die Leute freuen, dass es weniger Konflikt auf der Welt gibt, wundert man sich“, gibt sich Moculescu erstaunt über die Reaktionen auf seinen Wechsel.

Dass in der Vergangenheit nicht alles gut gelaufen ist, gibt Moculescu unumwunden zu: „Ich bin sicherlich vielen Leuten auf die Füße getreten, aber das ist Vergangenheit und das will ich alles weghaben.“ Der einst so lautstarke Kritiker des deutschen Volleyballs ist leise geworden. „Ich will nur meine Ruhe haben. Ich habe meinen inneren Frieden gefunden. Ich habe 40 Jahre lang gekämpft für den Volleyballsport. Ich habe meinen Beitrag in Deutschland geleistet. Dieses Kapitel ist seit Mai 2016 beendet.“

Stelian Moculescu lässt im Gespräch immer wieder erkennen, dass er niemand ist, der mit der Vergangenheit hadert. Viel wichtiger sind ihm seine Ziele. „Mein Traum war immer, Profitrainer zu werden und Erfolg zu haben. Das war aber ein sehr langer Kampf, und wenn mich jemand dabei gestört hat, hab ich mich dagegen gewehrt, auch mal lauter. Die größte Strafe für viele war, dass ich so viel gewonnen habe.“ 19 nationale Meisterschaften als Spieler und Trainer hat er geholt und 2007 mit Friedrichshafen die Champions League gewonnen.

Moculescu ist stets gerade heraus. „Bei mir gibt es immer Leute, die mich mögen, und es gibt Leute, die mich nicht mögen. Dazwischen gibt es nicht viel.“ Er wusste immer, was er wollte. Nur zum Volleyball, das wollte er nicht: „Ich war eigentlich Handballer. Volleyball hat mich nicht interessiert. Das war für mich Frauensport.“ Sein Großvater hat ihn zum Training geschickt. „Jeden Tag habe ich gesagt, da geh ich nicht mehr hin, und jeden Tag bin ich hingegangen. Irgendwann ist es eine Leidenschaft geworden.“

„Volleyball hat mich nicht interessiert.Das war Frauensport“

Stelian Moculescu

Für den Sozialismus dagegen entwickelte Moculescu nie eine Leidenschaft. Gegen den Parteieintritt hat er sich lange gewehrt und spricht heute noch von „diesem Jugendwahn“, wenn er über die kommunistischen Jugendorganisationen redet. Bei den Olympischen Spielen in München 1972 hat er dem Sozialismus dann den Rücken gekehrt. Mit der Hilfe des deutschen Volleyball-Bundestrainers flieht er nach Deutschland – dem Land seiner Großeltern und dem Land seiner Träume. „Hier konnte mich so entfalten, wie ich das in Rumänien nicht hätte können. Dort war ich nicht glücklich.“

Wenn Moculescu über sein heutiges Leben in Deutschland spricht, dann spricht er über Volleyball und seine Frau. Wen er von beiden mehr liebt? „Das ist unterschiedlich“, sagt er. „Als ich meine Frau geheiratet hab, habe ich gesagt, dass sie Volleyball mitheiratet. Das hat sie mitgemacht. Dafür bin ich ihr sehr dankbar.“ Doch nicht nur dafür ist Moculescu ihr dankbar. „Ohne meine Frau, die die drei Kinder großgezogen hat, wäre es nicht gegangen. Meine kleine Welt war perfekt und aus diesem Umfeld konnte ich meine Kraft ziehen.“

Und wie geht es mit dem 67-Jährigen nach seiner Zeit in Berlin weiter? „Ich genieße das jetzt hier in Berlin. Es ist aber auch eine Sache, die endlich ist. Ich bin da glücklich, wo ich jetzt lebe. Am Bodensee, mit ein paar Hundert Einwohnern, und dass man seine Kartoffeln direkt beim Bauern kaufen kann, das ist wunderschön. Wenn ich dann wieder nach Berlin will, dann flieg ich wieder hin. Ansonsten ist alles gut.“

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