Zahlen des Innenministeriums: Täglich drei Angriffe auf Muslime

Mindestens 950 islamfeindliche Angriffe verzeichnete die Polizei im vergangenen Jahr. Gegen Geflüchtete waren es sogar mehr als doppelt so viele.

Eine Frau verlässt am 27.09.2016 in Dresden (Sachsen) die Fatih Camii Moschee. Vor der Moschee und einem internationalen Kongressgebäude in Dresden sind zwei Sprengstoffanschläge verübt worden.

Auf Moscheen zählten die Behörden allein knapp 60 Anschläge, Schmierereien und Schändungen Foto: dpa

BERLIN taz | Im vergangenen Jahr haben die Polizeibehörden von Bund und Ländern erstmals Angriffe gegen Muslime gesondert erfasst. Die nun vorliegenden Zahlen des Innenministeriums auf eine Kleine Anfrage der Linkspartei zeigen, wie alltäglich anti­islamische Gewalt in Deutschland ist: Mindestens 950 Angriffe auf Muslime und deren Einrichtungen hat es 2017 gegeben, 33 Menschen wurden dabei verletzt.

Auf Moscheen zählten die Behörden allein knapp 60 Anschläge, Schmierereien und Schändungen – etwa durch einen Schweinekopf wie an einer Moschee im niedersächsischen Helmstedt. Dort hatten drei Männer Anfang September einen Schweinekopf samt Nazi-Symbolen vor dem Gotteshaus abgelegt.

Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime (ZMD), Aiman Mazyek, geht davon aus, dass die Statistik die Wirklichkeit nur in Teilen abbildet. Es gebe wohl ein großes Dunkelfeld, weil Polizei und Staatsanwaltschaften „noch nicht dafür sensibilisiert“ seien. Zudem würden Betroffene häufig keine Anzeige erstatten.

Dazu kommen Ungenauigkeiten bei der Erfassung in der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS): Bei einer Mehrfachtat wird nur das jeweils schlimmste Delikt registriert. Schmiert also ein Neonazi ein Hakenkreuz an die Moscheemauer und legt danach einen Brandsatz, so taucht in der Statistik nur der versuchte Brandanschlag auf.

Zwar ging die Zahl der Übergriffe im vierten (167) im Vergleich zum dritten Quartal (288) deutlich zurück. Für die innenpolitische Expertin der Linken im Bundestag, Ulla Jelpke, ist das jedoch „kein Grund zur Entwarnung“. Jelpke befürchtet mit Blick auf die AfD, dass sich eine muslimfeindliche Stimmung in Deutschland verfestigt: „Die Islamhasser haben inzwischen den Sprung von der Straße in den Bundestag geschafft und tragen von der Parlamentstribüne zur Vergiftung des gesellschaftlichen Klimas gegenüber muslimischem Leben in Deutschland bei.“

Erst am politischen Aschermittwoch hatte der sachsen-anhaltische AfD-Chef André Poggenburg die Türkische Gemeinde in Deutschland als „Kümmelhändler“ und „Kameltreiber“ bezeichnet. Die „rassistische Hetze“ von AfD, Pegida & Co. trifft Jelpke zufolge auch noch eine zweite Gruppe: die Geflüchteten. Laut Innenministerium zählte die Polizei 2017 1.906 Straftaten gegen Geflüchtete sowie 313 Angriffe auf Unterkünfte.

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