Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Friedrich Küppersbusch sieht sich als Experte für gutes Haar. Von ökogesundem Brummbrumm und der FDP als Putsch einer Werbeagentur.

Das Personal der CDU: Klöckner kann Landtagswahlen verlieren während Spahn irrlichtert als Alice Weidel der CDU irrlichtert Foto: reuters

taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht letzte Woche?

Friedrich Küppersbusch: Eine Ukrainerin und ein Franzose werden qua Eistanz Lieblingsdeutsche.

Und was wird besser in dieser?

Mittelmeerroute zu. Ihr Deppen müsst übers Eis kommen!

Jacob Zuma hat in Südafrika als Präsident abgedankt. Reicht das?

Sein Nachfolger, Cyril Ramaphosa, wird bisher nicht mit der grassierenden Korruption in Zusammenhang gebracht. Was erstens als Alleinstellungsmerkmal angeführt wird und zweitens die spannende Frage aufwirft, ob der „reichste Mann Südafrikas“ clean ist oder clever. Beides, meinte Nelson Mandela, der ursprünglich ihn zu seinem Nachfolger auserkoren hatte. Ramaphosa war Gewerkschaftskämpfer und Minenboss, was die Süddeutsche fragen lässt: Wer ist er? Und wie viele?

Der kostenlose Nahverkehr sei unbezahlbar, schimpfen die Kommunen. Auch sonst wird an der Idee kaum ein gutes Haar gelassen. Ist sie wirklich so schlecht?

Für gutes Haar sehe ich mich als Experten. Der öffentliche Nahverkehr setzt derzeit rund 11 Milliarden Euro in Deutschland um, zugleich gehen 8 Milliarden Steuergelder in Dieselsubventionen. Nachdem selbst VW-Bosse um ein Ende der Dieselförderungen einkommen, ist der beste Weg offenbar: Autofahren so teuer zu machen, wie es wirklich ist. Dann steigen Autofahrer um. Sonst stänkern sie weiter, und über den Gratisbus freuen sich eher Leute, die bisher Rad fuhren und zu Fuß gingen: Umverteilung von ökogesund auf kollektives Brummbrumm. So gesehen geben Altmaier, Schmidt und Hendricks hier die drei von der Tankstelle. Bevor sie etwas gegen die Übermotorisierung unternehmen, drücken sie eine populistische Pausentaste. Das erinnert an den Bau der ersten deutschen Windkraftanlage Growian in den 80ern. Damals entleibte sich ein RWE-Vorstand mit den schönen Worten: „Wir brauchen Growian, um zu beweisen, dass es nicht geht.“ Ein unausgegorener Nahverkehrs-Kindergeburtstag könnte durchaus beweisen, dass es leider ohne Autos nicht geht. Der Gratisbus macht keinen Sinn ohne Abkehr von der Autopolitik. Die Abkehr von der Autopolitik macht allerdings Sinn auch ohne Gratisbus. Zurücktreten, bitte.

Apropos Verkehr: Eine Expertenkommission hat ausgetüftelt, dass die Nachrüstung älterer Dieselautos doch auch – zumindest teilweise – aus Steuermitteln bezahlt werden könnte. Geht ’s noch?

Absolute Königsklasse: Wir haben rund 5 Milliarden Euro „Abwrackprämie“ bezahlt, damit die Leute sich neue „Mindestens Euro-Norm 4“-saubere Autos kaufen. Nachdem sich diese Neuwagen als hübsch geschminkte Abgaszombies erwiesen haben, soll der Steuerzahler nun erneut zahlen. Im dritten Schritt wäre über den direkten Steuereinzug durch Autokonzerne zu reden.

... ist Fernsehproduzent, Moderator und hat bereits Schneeglöckchen gesehen

SPD-Interimschef Olaf Scholz hat in den „Tages­themen“ gesagt: „Wir wollen stärkste Partei werden.“ Größenwahn, Realitätsverlust oder der nötiger Aufbruchwille?

Lustigste Partei sind sie ja schon. In der Kohl-Dämmerung Ende der 90er wurde der CDU das mahnende Schicksal ihrer italienischen Schwester Democrazia Cristiana vorgehalten. Sie hatte sich von der Volks- zur 10-Prozent-Partei runterkorrumpiert und löste sich 1994 auf. Kann man also schaffen. Umgekehrt hat die FDP gerade vorgeführt, dass sie binnen vier Jahren ihren Stimmanteil gut verdoppeln kann, als Putsch einer Werbeagentur in einer Parteimumie. Die SPD braucht eine rotzige Vision, nur – der Satz über den Visionär wirkt wie ein Oneliner vom Gagschreiber des Finanzamtes: Kern, Macron, Trudeau – Olaf Scholz.

Die CDU kriegt ihre eigene Personaldebatte, nur ohne dass da wirklich Personal da wäre. Wie füllt man so ein Vakuum?

Klöckner kann Landtagswahlen verlieren, Spahn irrlichtert als die Alice Weidel der CDU, Schäuble und de Maizière sind raus, Kramp-Karrenbauer ungefähr so groß wie die Oberbürgermeisterin von Köln, Merz rumpelstilzt vor sich hin, Röttgen sieht dabei besser aus und – ja nun. Ursula von der Leyen schweigt auffällig laut. Michael Kretschmer und Daniel Günther sind zu frisch, Armin Laschet ist zu Merkel. Noch ist das alles Klientelpolitik, „Verjüngung“ fordern und sich dabei unauffällig selber meinen. Die CDU versteht sich auf Machterhalt und wird frühestens rege, wenn jemand anderes den eher verspricht als Merkel. Und die hat ja immerhin die ganze SPD hinter sich.

Und was machen die Borussen?

Kölns Siegtor vom Videobeweis einkassiert, Bayern bekommen so lange Elfer, bis sie gewinnen – manche Spieltage sind schon ohne den BVB ausreichend doof.

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Jahrgang: gut. Deutscher Journalist, Autor und Fernsehproduzent. Seit 2003 schreibt Friedrich Küppersbusch die wöchentliche Interview-Kolumne der taz „Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?".

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