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Kommentar Verurteilung Lula da SilvasEine politische Entscheidung

Andreas Behn
Kommentar von Andreas Behn

Das Strafmaß für Brasiliens Ex-Präsident Lula da Silva soll ein hartes Vorgehen gegen Korruption signalisieren. Es zeigt aber auch etwas anderes.

Demonstranten unterstützen den früheren Präsidenten Lula da Silva Foto: ap

D ie erneute Verurteilung von Brasiliens Ex-Präsident Lula da Silva wegen Korruption überrascht nicht. Bereits wenige Tage nach Verkündung der erstinstanzlichen Gefängnisstrafe hatte der Vorsitzende des Berufungsgerichts entgegen aller rechtsstaatlichen Grundsätze ungefragt mitgeteilt, dass es sich um ein sehr fundiertes Urteil handele. Die vielleicht überraschende Erhöhung des Strafmaßes auf jetzt über zwölf Jahre Haft zeigt, dass die Richter eines nicht hatten: Zweifel.

In ihren Urteilsbegründungen gaben sich die drei Berufungsrichter überzeugt, dass sie ausschließlich über Fakten urteilen, aber keinesfalls über Persönlichkeiten oder gar in politischem Kontext. Genau in dieser zweifelhaften oder naiven Auffassung liegt das Problem.

Niemand glaubt ernsthaft, dass Lulas Arbeiterpartei PT in ihren 14 Regierungsjahren nicht auch in die vielen aufgedeckten korrupten Machenschaften verstrickt war. Ebenso wenig ist anzunehmen, dass die Chefetagen um Lula oder seine Nachfolgerin Dilma Rousseff nichts davon wussten. Und das Argument, dass in dem althergebrachten Politikgeschäft ein unkorruptes Überleben unmöglich sei, mag zwar stimmen, rechtfertigt aber keine Milliarden Schmiergelder an Bau- oder Fleischunternehmer.

Doch leider geht es in dem Prozess gegen Lula nicht darum, einen korrupten Sumpf auszutrocknen. Es ist eben auch nicht zu leugnen, dass Politik beim Umgang mit der Korruptionsaffäre eine große Rolle spielt. Die Absetzung von Rousseff vor eineinhalb Jahren war entlarvend: Obwohl ihre Amtsenthebung nur wegen illegaler Haushaltstricks rechtens gewesen wäre, begründeten fast alle Abgeordneten ihr Votum mit allgemeinpolitischen Argumenten. Und machten ihre politischen Ansichten anschließend zur Richtlinie der neuen, nicht gewählten Regierung.

Lula wird seit langem von Staatsanwälten und Medien zum Zentrum aller Korruption in Brasilien hochstilisiert. Zugleich wird das Land von einer Politikerclique regiert, deren korrupte Machenschaften allgemein bekannt sind. Nur Lula zu verurteilen und ihn damit vom politischen Alltag auszuschließen ist gerade im Kontext bevorstehender Wahlen eine sehr politische Entscheidung.

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Andreas Behn
Auslandskorrespondent Südamerika
Journalist und Soziologe, lebt seit neun Jahren in Rio de Janeiro und berichtet für Zeitungen, Agenturen und Radios aus der Region. Arbeitsschwerpunkt sind interkulturelle Medienprojekte wie der Nachrichtenpool Lateinamerika (Mexiko/Berlin) und Pulsar, die Presseagentur des Weltverbands Freier Radios (Amarc) in Lateinamerika.
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3 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

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  • Mein Problem, wie können Persönlichkeiten, die einst für Verbesserungen antraten, so korrupt und machtgeil werden.

    Egal, ob sie Lula, Castro, Kabila, Mao, Lenin etc. heißen.............................

  • Klar und richtig. Trotzdem bleibt das Prinzip: nur Verurteilung bei Nachweis. Im Zweifel für den Angeklagten. Bei rechten und linken Politikern. Politik und Justiz ist kein Haferbrei den man unterrührt.

  • Das Prinzip Sündenbock ist schon politisch gewesen, als das Alte Testament verfasst wurde (siehe: https://de.wikipedia.org/wiki/S%C3%BCndenbock). Da kann man mal wieder sehen, wie lange sich schlechte Gewohnheiten halten, wenn Einzelne was davon haben.