: Protest von Friseur-Azubis
Statt mit Ver.di verhandelt die Friseurinnung nun mit arbeitgebernahen „gelben“ Gewerkschaften
Von Kai von Appen
Mit Protesten machen Auszubildende des Friseurhandwerks auf ihre miserable Bezahlung aufmerksam. Am Mittwoch demonstrierten sie vor dem Innungsbüro für eine angemessene Vergütung. „Damit sollen Auszubildende in der Branche vor Ausbeutung geschützt und zumindest minimale Vergütungsstandards gewährleistet werden“, sagte Ver.di-Sekretär Andre Kretschmar vom Fachbereich besondere Dienstleistungen. Doch statt mit Ver.di verhandelt die Hamburger Friseurinnung nun mit arbeitgeberfreundlichen „gelben“ Gewerkschaften.
Auszubildende im Friseurhandwerk müssen immer gut gestylt und freundlich sein – aber beklagen Rückenschmerzen wegen des langen Stehens, lange Arbeitszeiten und kostenlose Überstunden. Dennoch reicht für viele junge Menschen die Ausbildungsvergütung nicht aus, um sich eine Existenz leisten zu können. Seit Anfang des Jahres läuft deshalb die Kampagne „besser abschneiden“ der Gewerkschaft Ver.di, um der hohen Abbruchrate bei der Ausbildung von FriseurInnen zu begegnen. Und um nach dem Tarifvertragsgesetz tariffähig zu werden, muss die Gewerkschaft auch eine gewisse Zahl an Mitgliedern vorweisen.
6.500 Abbrüche bei der Ausbildung verzeichnete das Friseurhandwerk bundesweit 2014. Dabei hätten viele Azubis eigentlich den Traum von einem eigenen Salon. Doch im Hamburger Friseurhandwerk erhalten die 700 Auszubildenden zurzeit im ersten Ausbildungsjahr lediglich 300 Euro im Monat, im zweiten 325 Euro und erst im dritten 500 Euro. Die Innung begründete den Sparkurs in der Vergangenheit damit, den Nachwuchs mit dem Niedriglohn vor Steuern und Sozialabgaben schützen zu wollen.
In vielen Bundesländern hat die Ver.di-Kampagne bereits Früchte getragen. So in Nordrhein-Westfalen und selbst im eher ländlich-kleinstädtischen Schleswig-Holstein. Dort stimmte die Friseurinnung einem Tarifvertrag mit Ausbildungsvergütungen von 410 Euro bis 620 Euro im letzten Lehrjahr zu.
Doch die Hamburger Innung blockt. Erst lehnte sie Tarifgespräche mit Ver.di kategorisch ab, jetzt teilte sie mit, dass sie Tarifverhandlungen mit der „Gewerkschaft des Öffentlichen Dienst“ (GÖD) aufgenommen habe. Die GÖD gehört dem „Christlichen Gewerkschaftsbund“ (CGB) an, der als arbeitgeberhöriger Verband verschrien ist und zu den „gelben Gewerkschaften“ gezählt wird. Den Mitgliedsorganisationen des CGB wurde in der Vergangenheit mehrfach die Tariffähigkeit von Arbeitsgerichten abgesprochen. Eine Stellungnahme wollte die Innungs-Geschäftsführung wegen Weihnachten nicht vor dem 8. Januar abgeben.
„Der Versuch, mit sogenannten christlichen Gewerkschaften Dumpingverträge abzuschließen und so eine tarifliche Bezahlung zu umgehen, ist nicht neu“, sagte Ver.di-Sekretär Kretschmar. Es sei fraglich, ob die GÖD im Gegensatz zu Ver.di überhaupt Mitglieder in dem Gewerbe und überhaupt ein Mandat habe. Für Kretschmar sei kaum verständlich, dass die jungen BerufsanwärterInnen in der reichen Stadt Hamburg zum „Schlusslicht in ganz Deutschland werden“.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen