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Bekenntnissenach dem Debakel

Nach dem Aus im Achtelfinale bei der WM der Handballerinnen fällt die Analyse deutlich aus. Die Deutschen können spielerisch und mental nicht mithalten

Zu schwach: Anna Loerper kann sich nicht so recht gegen Mette Transborg durchsetzen Foto: imago

Aus Leipzig Michael Wilkening

Zumindest ganz am Ende gab es noch ein Zeichen der Hoffnung. Während der WM im eigenen Land machten die deutschen Handballerinnen mehr Rück- als Fortschritte und flogen folgerichtig bereits im Achtelfinale aus dem Turnier. Das 17:21 gegen Dänemark offenbarte die Schwächen des Teams von Michael Biegler. Ein paar Stunden nach dem Debakel in Magdeburg überraschten die Verantwortlichen des Deutschen Handballbundes (DHB) mit schonungsloser Offenheit – und das ermöglicht eine ergebnisoffene Aufarbeitung des sportlichen Sektors der Heim-WM.

Michael Biegler fand in der Nacht, nach der seine 20-monatige Amtszeit als Coach der von ihm so titulierten „Ladys“ mit einer krachenden Niederlage geendet hatte, keinen Schlaf. Im Januar 2016 musste der 56-Jährige eine ähnliche Erfahrung machen, als er mit den polnischen Männern durch eine deutliche Schlappe im finalen Match der Zwischenrunde den fest eingeplanten Halbfinaleinzug bei der EM im eigenen Land verpasste.

„Ich hatte nicht erwartet, dass wir sportlich so weit hinterherhinken“, sagte Biegler, „das ernüchtert einen und führt zu großer Enttäuschung.“ Über viele Monate hatte der Handballlehrer darauf verwiesen, dass es nicht nur darum gehen würde, bei der WM eine „gute Performance“ zu zeigen, sondern darum, gleichzeitig Strukturen im Frauenhandball in Deutschland aufzubrechen und eine Entwicklung anzustoßen, die nachhaltig ist. Inwieweit die Basisarbeit erfolgreich war und Früchte tragen kann, bleibt offen. Eindeutig ist allein die Analyse des sportlichen Abschneidens bei der WM. Das sei „krachend danebengegangen“, gab DHB-Sportdirektor Wolfgang Sommerfeld zu.

Die individuelle Qualität der Spielerinnen lag deutlich hinter den Fähigkeiten der Konkurrentinnen aus Europa zurück. Kampf und Leidenschaft in der Defensive reichten nicht, weil Passgenauigkeit und Entscheidungsverhalten in der Offensive nicht den Anforderungen einer Topmannschaft genügten. Hinzu kamen mentale Schwächen in den entscheidenden Partien. Nur die erfahrene Torhüterin Clara Woltering erreichte im „Gruppenendspiel“ gegen die Niederlande (23:31) und gegen Dänemark im Achtelfinale Topniveau.

„Es ist menschlich, wenn es zu Verkrampfungen kommt“

Bundestrainer Michael Biegler

Ganz offensichtlich lastete der Druck, den deutschen Frauenhandball mit einem großen Erfolg beim Heimturnier neu zu positionieren, zu schwer auf den Schultern der Spielerinnen. „Ich denke, dass es nur menschlich ist, dass es zu Verkrampfungen kommen kann, wenn es nicht läuft, man aber unbedingt möchte, dass es das tut“, erklärte Biegler. Bei einer genaueren Analyse der zurückliegenden eineinhalb Turnierwochen wird die Erkenntnis reifen, dass das Team nicht nur sportlich zu schwach war, sondern auch mental nicht ausreichend gerüstet. Mit dem Niederländer Henk Groener als Trainer und einer veränderten Mannschaft soll die Aufbauarbeit der Frauensparte innerhalb des Verbandes fortgesetzt werden. Es wird durch das schwache Abschneiden allerdings schwieriger, die Klubs in der Bundesliga vom neuen Weg, der vor knapp zwei Jahren beschritten worden war, zu überzeugen.

Der Verband, zumindest vermittelten die Protagonisten gestern diesen Eindruck, ist entschlossen, den eingeschlagenen Weg in Richtung Professionalisierung fortzusetzen. „Wir konnten in 20 Monaten nicht ausgleichen, was wir 15 Jahre lang verbockt haben“, sagte DHB-Präsident Andreas Michelmann. Axel Kromer, Vorstand Sport im DHB, setzt auf positive Zeichen in der Zukunft: „Man kann nicht davon ausgehen, dass jede Handlung kurzfristig zu Medaillen führt.“ Die Führungsriege der deutschen Handballer brachte gestern ihre Überzeugung zum Ausdruck, am Kurs festhalten zu wollen. „Jetzt erst recht“, lautete die Ankündigung von Michelmann. Mannschaft und Trainer hatten gestern Mittag das Teamhotel schon verlassen.

Neben ihrem Gepäck hatten die Spielerinnen die Gewissheit mitgenommen, dass zwei große Chancen vertan waren: sich selbst einen Traum zu erfüllen und ihrer Sportart in Deutschland einen gehörigen Schub zu geben.

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