: Elogen auf einen rumänischen Verbrecher
Iulian Vlad, der letzte Chef der gefürchteten Geheimpolizei Securitate, ist tot. Manche Medien feiern ihn
Von William Totok
Der letzte Chef der gefürchteten rumänischen Geheimpolizei Securitate, Iulian Vlad, ist am Samstag im Alter von 86 Jahren in Bukarest gestorben. Der Tod von Generaloberst Vlad, der von 1987 bis zum Untergang der nationalkommunistischen Ceauşescu-Diktatur 1989 an der Spitze der Securitate stand, löste in Bukarester Medien eine Flut schnulziger Würdigungen aus.
In zahlreichen Nachrufen, die in den einflussreichen nationalistischen Tageszeitungen Evenimentul Zilei und Cotidianul erschienen, wurde der frühere Geheimdienstchef als großer rumänischer Patriot dargestellt. Er habe während des Volksaufstands im Dezember 1989 Rumänien vor einem Bürgerkrieg bewahrt. Und im Ton verschwörungstheoretischer Überlegungen heißt es weiter: Er sei es gewesen, der einen Einmarsch sowjetischer und ungarischer Truppen verhindert und die geplante Zerstückelung seines Vaterlandes abgewendet habe.
Der frühere Kanzleichef von Vlad, der pensionierte Brigadegeneral der Securitate Aurel Rogojan, hob den heldenhaften Mut und die professionelle Diskretion seines Vorgesetzten hervor, der von antirumänischen Vaterlandsverrätern 1990 unschuldig zu einer Haftstrafe von 25 Jahren verurteilt wurde. Seine Ausführungen untermauert Rogojan mit Auszügen aus Interviews mit Vlad und Zitaten aus dessen Memoiren, die als Buch erscheinen sollen.
Bezeichnend für Vlads Geisteshaltung sind die antisemitisch und antiungarisch grundierten Zitate, in denen er von der jüdisch dominierten kommunistischen Partei spricht und dem von fremdstämmigen Offizieren durchsetzten Securitateapparat, der erst nach der Überwindung des Stalinismus unter Ceauşescu in den Dienst des rumänischen Volkes gestellt werden konnte.
Über die persönliche Beteiligung Vlads in den 1980er Jahren an der Unterdrückung streikender Arbeiter in Braşov/Kronstadt, am Terror gegen rumänisch-ungarische Regimekritiker und der Ermordung des Dissidenten Gheorghe Ursu im Bukarester Securitategefängnis verliert Rogojan kein Wort. Ursus Sohn Andrei hat seine eigene Sicht der Dinge. Er besitzt auch einschlägige Beweise, die Vlad belasten. Im März stellte er Strafanzeige gegen Vlad, dem er vorwarf, am gewaltsamen Ende seines 1985 zu Tode geprügelten Vaters mitschuldig zu sein.
Die politische Karriere des 1931 in einem südrumänischen Dorf geborenen Iulian Vlad begann mit seinem Beitritt zur kommunistischen Partei, 1946. Als Gymnasiast und Student des Pädagogischen Instituts in Bukarest betätigte er sich als Aktivist des Jugendverbandes. 1952 absolvierte er die Offiziersschule für angehende Securitateleute. Im gleichen Jahr wurde er Leutnant im Securitateapparat. Danach war er in der Lehranstalt für Geheimdienstoffiziere tätig, die er von 1974 bis 1977 leitete. Vor seiner Ernennung zum Geheimdienstchef 1987 war er 10 Jahre Staatssekretär im Innenministerium, dann drei Jahre Vize-Innenminister. Ende Dezember 1989 wurde er verhaftet und wegen seiner Beteiligung an der Repression der Revolution verurteilt, aber bereits nach vier Jahren begnadigt.
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