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Washingtons Öffnung Richtung Kuba ist vorbei

Nach angeblichen Schallangriffen auf Diplomaten ziehen die USA 60 Prozent ihres Botschaftspersonals aus Kuba ab und stellen die Erteilung von Visa ein

„Kuba ist nicht so blöd, die Beziehungen aufs Spiel zu setzen“

Estebán Morales

Von Knut Henkel

Ausgestorben wirkte der Bereich rund um die US-Botschaft an Havannas Uferpromenade schon in den letzten Tagen. Der wegen Unterspülungen nach Hurrikan „Irma“ gesperrte Malecón war dafür genauso verantwortlich wie die Tatsache, dass die meisten Kubaner damit beschäftigt waren, die Schäden des Hurrikans zu beseitigen und keine Zeit hatten, sich um US-Visa zu bemühen.

Daran wird sich vorerst nichts ändern. Am Freitag hat US-Außenminister Rex Tillerson bekanntgegeben, dass die USA knapp sechzig Prozent der US-Botschaftsmitarbeiter abziehe, „bis die Regierung von Kuba die Sicherheit unserer Diplomaten zusichern kann“. Die Erteilung von US-Visa ist auf unbestimmte Zeit ausgesetzt.

21 Mitarbeiter der Botschaft seien, so das Außenministerium, zwischen Herbst 2016 und August 2017 Opfer von „Attacken“ geworden, über deren Herkunft nach wie vor gerätselt wird. Erst gingen die Ermittler von einer akustischen Waffe aus, die zu Gleichgewichtsstörungen, Tinnitus, Schwindel, Kopfschmerz und Hirnverletzungen führe. Doch Experten halten das für wenig plausibel. Und die gemeinsamen Ermittlungen von FBI und kubanischer Polizei haben auch nicht das dafür nötige Equipment zu Tage gefördert, etwa eine Schallkanone, die mit Infraschall arbeitet.

„Der Regierung ist daran gelegen, die Vorfälle so schnell wie möglich aufzuklären, und die Einladung von Raúl Castro an das FBI bestätigt das. Kuba ist nicht so blöd, die Normalisierung der Beziehungen mit den USA aufs Spiel zu setzen“, erklärt Estebán Morales der taz am Telefon. Morales ist Wissenschaftler, langjähriger Analyst der US-kubanischen Beziehungen aus Havanna und warnt vor der Kehrtwende in den Beziehungen beider Länder.

Die ist bereits in vollem Gange, denn mit der Entscheidung, das Botschaftspersonal um sechzig Prozent zu reduzieren und die Bewilligung von Visa für die Einreise in die USA auszusetzen, ist ein wesentliches Ergebnis der Verständigung auf Eis gelegt. Viele Kubaner werden geplante Reisen zu Verwandten in die USA verschieben oder absagen müssen.

Hinzu kommt die Reisewarnung, die das Außenministerium für Kuba verfasst hat. Für den gerade erst langsam in Gang kommenden US-Tourismus auf die Insel eine schlechte Nachricht. Die Entscheidung wird von der größten Vereinigung von Reiseveranstaltern nach Kuba, Respect, als „unausgewogen“ kritisiert, weil normale Touristen schließlich gar nicht bedroht seien.

Für Kubas Wirtschaft ist die Entscheidung der USA hingegen doppelt negativ: Zum einen hat die Wiederherstellung der Beziehungen zwischen beiden Ländern bei internationalen Investoren für positive Aufmerksamkeit gesorgt, zum anderen hat sie dem kubanischen Tourismus Auftrieb gegeben, so Pavel Vidal, kubanischer Finanzexperte an der Universität von Cali in Kolumbien. „Für Kubas Wirtschaft, die nicht nur durch den Hurrikan „Irma“, sondern auch durch den abnehmenden Handel mit Venezuela gebeutelt ist, sind das überaus negative Signale“, so Vidal.

Sie passen allerdings zur Kehrtwende, die Donald Trump in der Kubapolitik der USA bereits angekündigt hat. Die Entscheidungen des Außenministeriums seien, so Kubas Chefunterhändlerin mit den USA, Josefina Vidal, „überstürzt und werden die bilateralen Beziehung beeinflussen“.

Die Verantwortung dafür trügen die USA, denn die Kubaner haben bei den Ermittlungen kooperiert und zugesichert, dass man niemals erlauben werde, kubanisches Territorium für Aktionen gegen diplomatische Vertreter und ihre Familien zu nutzen, sagt Kubas US-Experte Estebán Morales. Er sieht die Hardliner in Miami im Aufwind. „Es entsteht der Eindruck, dass sich Donald Trump in der Kubapolitik zurückorientiert und sich an Anhänger der alten Sanktionspolitik wie Marco Rubio hält.“

Der republikanische Senator aus Florida hat gerade vorgeschlagen, Kuba aufzufordern die Zahl seiner Botschaftsmitarbeiter in Washington ebenfalls um 60 Prozent zu reduzieren.

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