Freihandelsabkommen Ceta: Ottawa ist voller Hoffnung

Das Abkommen zwischen der EU und Kanada tritt vorläufig in Kraft. Die kanadische Regierung will unabhängiger von den USA werden.

Die kanadische und die EU-Flagge wehen im Wind

Ungleiche Handelspartner: Für Kanada ist Ceta wichtiger als für die EU Foto: dpa

VANCOUVER taz | So richtig gilt es noch nicht, aber wirken wird es trotzdem: Ab Donnerstag werden große Teile des europäisch-kanadischen Freihandelsvertrags Ceta vorläufig angewendet – so haben es die EU-Kommission und die kanadische Regierung beschlossen.

Demnach entfallen beiderseits die allermeisten Zollgebühren, etwa die Zölle für Industrieprodukte wie Textilien, Autoteile, Maschinen, elektrische Apparate, medizinische und optische Geräte oder auch Chemikalien. Zölle entfallen auch für einige Lebensmittel- und Getränkeexporte, wenn auch nicht für alle. Für einige Agrarprodukte wie Geflügel oder Eier sollen Schutzschilde dagegen weiterbestehen bleiben.

In Kanada haben auch Konsumenten etwas von Ceta: Populäre europäische Produkte wie Kleidung, Nahrungsmittel oder Möbel dürften billiger werden. Bislang wurden etwa auf EU-Textilien in Kanada 18 Prozent Zoll erhoben, die künftig entfallen.

Die Regierung in Ottawa verfolgt mit Ceta strategische Ziele. Sie will sich wirtschaftlich unabhängiger von den USA machen. Kanada wickelt rund zwei Drittel seines Außenhandels mit den USA ab. Das ist auf Dauer problematisch, zumal man derzeit auf Druck aus Washington den nordamerikanischen Handelspakt Nafta neu verhandeln muss – mit ungewissem Ausgang.

In Kanada hofft man daher, dass auf die vorläufige Anwendung von Ceta schon bald das endgültige Inkrafttreten folgt. Denn nach den Regeln der EU können derzeit nur jene Teile angewendet werden, die in die alleinige Zuständigkeit der EU fallen, wie etwa Zölle oder Handelsschranken. Wichtige andere Regelungen, denen die einzelnen EU-Staaten zustimmen müssen, bleiben noch außen vor.

Für Kanada wichtiger als für die EU

Das betrifft zum Beispiel die geplanten Regeln zum Schutz von Investitionen, die besonders umstrittene Investitionsgerichtsbarkeit, der Zugang zum Wertpapiermarkt und die strafrechtliche Durchsetzung von geistigen Eigentumsrechten. Diese Regeln können erst angewendet werden, wenn die Parlamente aller EU-Länder Ceta verabschiedet haben.

Doch daran hakt es noch. Bislang haben von den 28 EU-Staaten nur Lettland, Dänemark, Spanien, Kroatien und Malta den Handelspakt ratifiziert. In Polen gibt es Widerstände gegen Teile des Vertrags, und in Belgien müssen auch die Regionalparlamente zustimmen. Die belgische Region Wallonien etwa hatte die Unterzeichnung von Ceta letztes Jahr lange blockiert.

In Ottawa schaut man daher weiter nervös nach Brüssel und hofft auf das Beste. Denn Ceta ist für Kanada ein ungleich wichtigerer Vertrag als für die EU. Die Europäische Union ist für Kanada nach den USA der zweitwichtigste Handelspartner – umgekehrt steht Kanada auf der Liste der größten EU-Handelspartner nur an zehnter Stelle. „Ceta ist der ehrgeizigste und fortschrittlichste Handelspakt, den wir je verhandelt haben“, sagt der kanadische Handelsminister François-Philippe Champagne.

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