Katalanische Unabhängigkeitsbewegung: Katalonien ist überall

An vielen Orten Spaniens gab es am Wochenende Solidaritätsbekundungen mit der katalanischen Unabhängigkeitsbewegung.

Katalanischer Unabhängigkeitsbutton an einem Hemd

Katalanischer Unabhängigkeitsbutton Foto: reuters/Sergio Perez

MADRID taz | „Wenn wir stark dran ziehen, werden wir es zu Fall bringen. Es kann nicht mehr lange dauern. Ganz sicher: Es fällt, es fällt, es fällt …“, sangen am Sonntag zur Mittagszeit die Menschen vor dem Stadtteiltheater in Madrids Altstadtviertel Lavapiés. Es ist das Lied eines katalanischen Protestsängers aus den letzten Jahren der Franco-Diktatur.

Um die tausend Menschen waren zu einer Veranstaltung für „das Recht der Katalanen frei zu entscheiden“ ins Theater gekommen. Hunderte fanden keinen Platz und folgten der Veranstaltung, an der hochrangige Vertreter der katalanischen Unabhängigkeitsbewegung und Politiker der linksalternativen Podemos teilnahmen, per Lautsprecher auf der Straße.

Ein großes Polizeiaufgebot beobachtete die Szene. Denn eigentlich sind solche Veranstaltungen verboten. Das Verfassungsgericht untersagt die für den 1. Oktober von der katalanischen Autonomieregierung angesetzte Volksabstimmung über die Zukunft Kataloniens. Ein Gericht in Madrid verhinderte, dass die Veranstaltung in einem gemeindeeigenen Kulturzentrum stattfinden konnte. Deshalb wichen die Organisatoren auf das von einer Genossenschaft geführte Theater aus.

Es war viel von „Meinungsfreiheit“, „Repression“, „Ausnahmezustand“ und von „dem demokratischen Recht abzustimmen“, die Rede. Katalonien sei nur der Anfang. Die Einschränkungen demokratischer Rechte drohten auch im restlichen Spanien. „Katalanen, Madrid mag euch!“ rief die Moderatorin der Veranstaltung in Madrid. „Sie werden nicht durchkommen!“, antworteten die Menschen mit jenem Ruf, mit dem Madrid in den 1930ern jahrelang der Belagerung durch faschistische Truppen im spanischen Bürgerkrieg trotzte.

Madrids hartes Vorgehen

Katalonien erhitzt die Gemüter weit über die Grenzen der Region hinaus. Denn die konservative Zentralregierung unter Mariano Rajoy lässt in Katalonien Druckereien und Redaktionen durchsuchen, beschlagnahmte bisher weit über eine Million Flugblätter und Plakate, verbietet Infotische und verfolgt diejenigen, die Material verteilen und Plakate kleben. Der katalanischen Regierung droht die Staatsanwaltschaft ebenso wie über 700 Bürgermeistern, die das Referendum unterstützen, ganz offen mit Haft.

Bereits am Samstag waren im baskischen Bilbao über 30.000 Menschen auf die Straße gegangen. An dem Marsch unter dem Motto „Demokratie. Wählen um zu entscheiden!“ nahmen neben zahlreichen Vereinigungen und Gewerkschaften Vertreter aller nationalistischen Parteien teil, von der linksseparatistischen Bildu bis hin zur im Baskenland regierenden konservativen Baskisch Nationalistischen Partei PNV. Die Maßnahmen gegen das Referendum in Katalonien wurden mit der Diktatur unter General Francisco Franco verglichen. Auch gegen die spanischen Sozialisten (PSOE) wurden Rufe laut. Sie unterstützen die Regierung voll und ganz in ihrer harten Gangart.

„Sie kommen nicht durch“ hallt der Ruf, wie damals gegen die Faschisten

Per Videokonferenz war die Präsidentin des katalanischen Parlaments und Befürworterin der Unabhängigkeit, Carme Forcadell, zugeschaltet. Es könne „keine Demokratie in einem Staat geben, der politische Ideen verfolgen lässt“, rief sie unter Applaus.

Die katalanische Tageszeitung Ara und die spanienweite Nachrichtenseite eldiario.es veröffentlichten in den letzten beiden Tagen Umfragen aus Katalonien. Beide kamen zum Ergebnis, dass rund 60 Prozent der katalanischen Bevölkerung teilnehmen wird, sollte es tatsächlich gelingen, am 1. Oktober die Urnen aufzustellen. Laut eldiario.es wollen davon 59,5 Prozent für die Unabhängigkeit stimmen. Laut Ara gar 69 Prozent.

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