GESCHÄFT Anlässlich der bundesweiten „fairen Woche“ fordern NGOs und Unternehmen die Handelskammer zu mehr Engagement auf: Lieber mehr fairhandeln
von Benno Schirrmeister
Zum Auftakt der bundesweiten „fairen Woche“ hat ein Bündnis von Bremer Nichtregierungs-Organisationen (NGOs) und UnternehmerInnen am Freitagvormittag einen Forderungskatalog an die Handelskammer des Landes überreicht: Zugleich wurde vor der Freitreppe des Hauses Schütting dem Handelskammer-Syndikus Andreas Otto und der stellvertretenden Leiterin des Bereichs Internationaler Handel, Annabelle Girond, eine Einladung zum „fairen Frühstück“ am Samstag in Lemwerder übergeben – ein Punkt auf dem lokalen Faire-Woche-Programm, das bis zum 28. September ungewöhnliche Einblicke in die Verflechtung von Welthandel und lokaler Wirtschaft ermöglicht.
Als Appetizer hatten die AktivistInnen vom Bremer Informationszentrum für Menschenrechte (BIZ) und vom entwicklungspolitischen Netzwerk (BEN) bio-faire Köstlichkeiten drapiert, mit pestizidfreiem Orangensaft wurde angestoßen.
Durchaus mit Hintersinn: Dass die Handelskammer künftig intern fair gehandelten Tee, Saft und Kaffee ausschenkt, ist ja die am schnellsten umsetzbare Forderung des Bündnisses. Zugleich soll das Frühstück den Dialog zwischen NGOs und Wirtschaftslobby vertiefen. „Selbstverständlich spricht man miteinander, wenn man sich trifft“, so Gertraud Gauer-Süß vom BIZ. „Es gibt dafür aber bislang kein konkretes Forum.“
Das Bündnis ruft die Kammer unter anderem auf, ihren Mitgliedsunternehmen die Potenziale des fairen Handels näherzubringen und die Qualifizierung und den Fachdialog zum Thema globale Gerechtigkeit stärker zu fördern. Auch solle man sich dafür einsetzen, dass Fairhandels- und Nachhaltigkeitselemente als prüfungsrelevante Stoffe in der kaufmännische Ausbildungsordnung verankert würden. Otto verwies darauf, dass diese „ja nun mal bundesweit festgelegt“ werde.
Annabelle Girond, Stellvertretende Leiterin des Bereichs Internationaler Handel bei der Handelskammer
Eine eigene Position der Handelskammer mochte er auf Nachfrage allerdings nicht formulieren. „Einige der Forderungen erfüllen wir bereits“, stellte Girond klar. „Wir sind im Austausch mit entwicklungspolitischen Organisationen und informieren über fairen Handel.“ Besonders tiefe Spuren hat das aber bislang nicht hinterlassen. Im Kammermagazin Wirtschaft in Bremen wurde das Thema zuletzt 2012 aufgegriffen, in Form einer Kurzmeldung: Nachdem Bremen den Titel einer „Hauptstadt des fairen Handels“ gewonnen hatte, ging es darum, Ideen für die Verwendung des Preisgeldes an den Senat zu melden.
„Ich wünsche mir von der Handelskammer, dass der Gedanke einer fairen Produktion mitgetragen und mitgelebt wird“, sagte Sonja Stellmann, die eine Mode-Boutique in Vegesack betreibt. Insgesamt haben bereits 22 HändlerInnen den Forderungskatalog des Bündnisses unterzeichnet. Außer in der Bekleidungsbranche ist das Thema vor allem im Bio-Lebensmittel-Bereich präsent, aber auch mehrere FloristInnen unterstützen die Bewegung. Mit Grund. Oft genug fallen dem Zierpflanzenanbau zumal im östlichen Afrika fruchtbare Ackerflächen und wichtige Wasserreservoire zum Opfer. Ein Fairtrade-Siegel beseitigt diese Probleme nicht, kann aber einige ihrer Folgen mildern, indem es einen aufgrund von Arbeitsschutzvorschriften reduzierteren Einsatz von Pestiziden garantiert und einen menschenwürdigen Umgang mit denen, die für deutsche Liebesgrüße, Tischdekos und Gräberschmuck auf Kenias Feldern schuften. „Mehr als 800 Millionen Menschen haben kaum Möglichkeiten, ihre Arbeits- und Lebenssituation aus eigener Kraft zu verbessern“, erinnerte Gauer-Süß an die Verantwortung der westlichen Welt.
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