: Ende der Enteignung naht
IMMOBILIEN In das Haus, das die Stadt seinem Besitzer zeitweise wegnahm, ziehen die ersten Mieter ein
Hamburgs vielleicht berühmtestes leeres Haus bekommt wieder Bewohner: Von sechs Wohnungen eines lange leerstehenden Wohnhauses in der Ohlendorffstraße im Stadtteil Hamm werden demnächst die ersten drei bezogen, wie jetzt bekannt wurde. Medienberichten zufolge sollen die restlichen drei Wohnungen voraussichtlich Ende des Jahres vermietet werden. Das Besondere an der Sache: Der Bezirk Mitte hatte den Hauseigentümer nach Jahren des Leerstands zeitweilig „enteignet“ – ein so noch nie vorgekommener Fall.
Handeln konnte Bezirksamtsleiter Falko Droßmann (SPD) auf Grundlage des Hamburgischen Wohnraumschutzgesetzes. Darin findet sich einerseits das Wohnnutzungsgebot: Wird Wohnraum zweckentfremdet, können die Behörden anordnen, dass er „wieder Wohnzwecken zuzuführen“ ist. Im Folgenden ist dann auch ein Wiederherstellungsgebot formuliert: Ist Wohnraum etwa wegen seines schlechten Zustands nicht bewohnbar, und der Eigentümer kommt der Aufforderung nicht nach, dies abzustellen, kann die Behörde ihm die Verfügungsgewalt entziehen.
Seit einer Novelle des Gesetzes im Jahr 2013 gibt es zusätzliche Regelungen für eine treuhänderische Verwaltung solchen Wohnraums, so lange es dauert, ihn wieder bewohnbar zu machen. Zu ebendiesem Schritt hatte sich im Frühjahr der Bezirk Mitte durchgerungen und zum 1. März eine Hausverwaltung damit betraut, die leer stehenden Wohnungen in der Ohlendorffstraße wieder in einen vermietbaren Zustand zu bringen – am Ende bekommt der so wenig kooperative Eigentümer das Haus dann vermietet zurück.
Der Vorgang hatte überregional Beachtung gefunden, Bezirksamtsleiter Droßmann wurde unter anderem vom Berliner Abgeordnetenhaus eingeladen, um darüber zu berichten. Im Mai gelangte die Sache dann sogar auf die andere Seite des Atlantiks – wenn auch reichlich verzerrt: Über das angebliche Vorgehen der Bundesregierung, Hamburger Bürger aus ihren Wohnungen zu werfen, um darin Flüchtlinge unterzubringen, echauffierten sich mehr oder minder offene Rassisten auf einschlägigen Internetseiten. ALDI
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