Gewalt vor der Abstimmung in Venezuela: Kandidat erschossen
Venezuelas Präsiden Maduro will sich eine „Supermacht“ verschaffen, für Oppositionelle seien Gefängniszellen reserviert. Einer seiner Anhänger wird erschossen.
Pineda (39) galt als Anhänger der regierenden Sozialisten und kandidierte für einen Sitz der 364 kommunalen Vertreter. Die Lage im Land mit den größten Ölreserven ist sehr angespannt, ein Oppositionsbündnis aus rund 20 Parteien boykottiert die Wahl am Sonntag. Erwartet wird ein klares Übergewicht von Anhängern des sozialistischen Lagers von Präsident Nicolás Maduro – die Opposition warnt vor dem Umbau zur Diktatur über das Vehikel der Verfassungsreform – es droht eine Gewaltexplosion.
Maduro hat indes internationale Akzeptanz für eine Verfassungsgebende Versammlung gefordert, die ihm nahezu unbegrenzte Vollmachten geben soll. In einer Fernsehansprache am Samstag hatte Maduro klar gemacht, dass die Verfassungsgebende Versammlung ihm formal alle Mittel zum Durchregieren geben soll. Sie solle nicht nur die Verfassung von 1999 umschreiben, sondern auch über allen staatlichen Institutionen vom Parlament bis hin zur Justiz stehen: Es gehe um „die Wahl einer Macht, die über jeder anderen steht – es ist die Supermacht!“ rief er aus.
Durch den Oppositionsboykott werden nur Gefolgsleute Maduros und seiner Sozialisten der Versammlung angehören. Maduro sagte, sie solle als Erstes Oppositionsabgeordnete ihre verfassungsmäßig garantierte Immunität entziehen und mindestens einen ihrer Führer – Freddy Guevara – ins Gefängnis werfen. Guevara ist einer der Organisatoren der seit vier Monaten andauernden Demonstrationen gegen Maduro, bei denen mindestens 113 Menschen getötet und an die 2000 verletzt worden sind.
Auf einige wartet wohl bereits das Gefängnis
„Dieser kleine Hitler hat seine Zelle (im Gefängnis) garantiert“, sagte Maduro, einen häufig verwendeten Spitznamen Guevaras benutzend. „Auf den rechten Flügel warten bereits die Gefängniszellen. All diese Verbrecher werden wegen der von ihnen begangenen Verbrechen ins Gefängnis gehen.“
An die internationale Gemeinschaft gerichtet sagte er: „Wir haben stoisch terroristischer, krimineller Gewalt widerstanden. Hoffentlich wird die Welt unserem Land respektvoll ihre Arme ausstrecken.“
Die USA haben Sanktionen gegen führende Mitglieder der venezolanischen Regierung verhängt, unterstützt von Ländern wie Mexiko, Kolumbien und Panama. US-Vizepräsident Mike Pence hat am Freitag „starke und schnelle wirtschaftliche Sanktionen“ angekündigt, sollte die Wahl der Verfassunggebenden Versammlung durchgezogen werden. Details ließ er offen.
Drei Stunden nach Öffnung der Wahllokale standen Dutzende Bürger im Hauptstadtviertel Petare Schlange. „Ich hoffe, dass es besser wird“, sagte Luisa Marquez, eine Friseuse. Auch andere Wartende äußerten diese Hoffnung.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Nach Absage für Albanese
Die Falsche im Visier
Nach Taten in München und Aschaffenburg
Sicherheit, aber menschlich
Treibhausgasbilanz von Tieren
Möchtegern-Agrarminister der CSU verbreitet Klimalegende
Ägyptens Pläne für Gaza
Ägyptische Firmen bauen – Golfstaaten und EU bezahlen