: Macron gibt den resoluten Vermittler
Libyen II Für Frankreichs Präsident war der Libyen-Gipfel seine erste diplomatische Initiative
Aus Paris Rudolf Balmer
„Macron leistet sich einen diplomatischen Coup“, kommentiert anerkennend die linke Tageszeitung Libération das Libyen-Treffen vom Dienstag im Schloss La Celle-Saint-Cloud bei Paris. Allein schon die Tatsache, dass sich die beiden wichtigsten Libyer auf eine gemeinsame Erklärung einigen konnten, zeuge von einem reellen Fortschritt bei der nationalen Aussöhnung in Libyen, so die französische Lesart. Die frommen Wünsche anschließend zu verwirklichen ist aber zweifellos viel schwieriger, als sich in Frankreich vor Kameras die Hand zu reichen.
Dem vom französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron organisierten Libyen-Treffen ging ein Patzer voraus, der in die Annalen eingehen dürfte. Während sich noch alle fragten, ob die beiden Rivalen sich tatsächlich näherkommen würden, publizierte das Präsidialamt im Elysée-Palast aus Versehen bereits den Entwurf eines gemeinsamen Kommuniqués in zehn Punkten. Die Gastgeber mussten sich für diese peinliche Voreiligkeit bei den nach La Celle-Saint-Cloud geladenen Delegationen aus Libyen entschuldigen und die Medien ersuchen, gefälligst eine Sperrfrist einzuhalten. Aber handelte es sich wirklich um eine Fehlleistung – oder um eine Absicht, Druck auszuüben?
Für Macron stand viel auf dem Spiel: Libyen ist seine erste diplomatische Initiative. Ein Misserfolg kam nicht in Frage. Er war dafür sogar das Risiko eingegangen, die italienischen Partner zu verstimmen. In Italien wurde es nämlich nicht geschätzt, dass Macron diese Libyen-Vermittlung im Alleingang angepackt und Italien nicht als Mitorganisator eingeladen hatte.
Bleibt die Frage, wie Macron sicherstellen will, dass seine Initiative tatsächlich einen Friedensprozess in dem zerrissenen Land einleitet. Einer gewissen Ironie entbehrt das nicht. Es war ein französischer Staatschef, Nicolas Sarkozy, der vor sechs Jahren den Krieg initiiert hatte, der zwar Diktator Gaddafi zu Fall brachte, Libyen jedoch in ein Chaos stürzte, mit dessen Folgen in der Sahelzone französische Truppen bis heute kämpfen.
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