Krumme Gurken in Neukölln

Prachttomate Der Stadtteilgarten ist bedroht, ein Drittel der Fläche steht vor dem Verkauf. Die Politik wird wohl nicht helfen

„Die Strategie der krummen Gurke“ heißt ein Film, der ein erfolgreiches Projekt solidarischer Landwirtschaft in Freiburg vorstellt. Er wird am 31. August im bedrohten Neuköllner Stadtteilgarten Prachttomate in der Bornsdorfer Straße gezeigt. Anschließend werden VertreterInnen verschiedener Gartenprojekte in Berlin darüber diskutieren.

Die Veranstaltung dient auch der Solidarität mit der Prachttomate, dem Urban-Gardening-Projekt, dessen Existenz aktuell bedroht ist. Denn die Grundstücksgemeinschaft „Heinlein, Hensel, Dr. Seiffert GbR“, der das Areal gehört, hat für einen Teil der Fläche eine Kündigung ausgesprochen, mit Duldung bis Mitte November.

„Mit der Kündigung würde uns ein Drittel der bisherigen Fläche genommen. Der Garten könnte in der bisherigen Form nicht mehr weiterbetrieben werden“, sagt Thomas Herr. Er gehörte zu der Gruppe der engagierten HobbygärtnerInnen, die im Frühjahr 2011 auf einer ehemals zugemüllten Brache Beete anlegten.

Schon lange ist die Stadtteilgarten Prachttomate zum Treffpunkt nicht nur für NachbarInnen, sondern für Interessierte aus der ganzen Stadt geworden. Denn dort wurde nicht nur gesät und gejätet. Im Gartenkino werden regelmäßig politische Filme gezeigt. Es gibt einen Tausch- und Schenkmarkt sowie Workshops für Kinder aus benachbarten Schulen.

Herr und die anderen GärtnerInnen wollen sich nicht damit abfinden, dass der beliebte Stadtteiltreffpunkt jetzt der Profitlogik weichen soll. Doch aus der Politik bekommen sie wenig Ermutigung. Neuköllns Baustadtrat Jochen Biedermann (Grüne) sieht keine Möglichkeit, die privaten Grundstücke zu kaufen, um damit den Garten in seiner bisherigen Form zu erhalten. Dabei liegt der Garten im Sanierungsgebiet Karl-Marx-Straße, das die Handlungsspielräume des Bezirks deutlich erweitert.

„Wir müssen dahin kommen, dass ein selbst organisierter Nachbarschaftsgarten für das Stadtwohl genauso eine Bedeutung wie die Errichtung einer Schule hat“, fordert Herr. Von einer Verlegung der Prachttomate hält er wenig. „Einen Garten kann man nicht einfach verpflanzen. Ein Großteil der NachbarInnen wäre dann nicht mehr dabei.“ In der nächsten Zeit wollen die GärtnerInnen mit Berliner MieterInneninitiativen kooperieren, sich etwa am 9. September an der Demonstration unter dem Motto „Wem gehört die Stadt“ beteiligen. Am kommenden Samstag lädt die Prachttomate von 14–22 Uhr zum Sommerfest, das auch der Vernetzung dient. Peter Nowak