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Rhetorische Zündung

Wortgefecht US-Präsident Trump warnt Nordkorea vor „Feuer und Zorn“ – sein Gegenüber droht Präventivschlag gegen Guam an

Von Bernd Pickert

In beispiellos scharfer Rhetorik hat US-Präsident Donald Trump Nordkorea gedroht. Nordkorea solle „besser die USA nicht weiter bedrohen“, sagte Trump am Dienstag. Andernfalls würden die USA mit „Feuer und Zorn“ reagieren, „wie sie die Welt noch nie gesehen hat“. Das wurde von den meisten Analysten als eine klare Analogie zu den Worten des US-Präsidenten Harry Truman gesehen, der vor dem Abwurf der Atombombe auf Hiroschima am 6. August 1945 einen „Regen der Zerstörung aus der Luft, wie ihn die Welt noch nicht gesehen hat“, angekündigt hatte.

Am Mittwoch setzte Trump per Twitter nach: Seine erste Anordnung im Amt sei die Modernisierung des US-amerikanischen Atomwaffenarsenals gewesen, „es ist jetzt weit stärker und mächtiger als je zuvor“. Kurz darauf schrieb er noch dazu: „Hoffentlich werden wir diese Macht nie einsetzen müssen, aber es wird nie eine Zeit geben, in der die USA nicht die mächtigste Nation der Welt sind.“

Strategisch bedeutsame Insel

Guam: Die Insel liegt 3.500 Kilometer von Nordkorea entfernt im Pazifik. Mehr als 300 Jahre war sie spanische Kolonie. Seit dem spanisch-amerikanischen Krieg von 1898 ist sie US-Territorium. Zwischen 1941 und 1944 war Guam von Japan besetzt. Die rund 160.000 Einwohner sind US-Staatsbürger, dürfen jedoch nicht in den USA wählen.

Der US-Stützpunkt: Neben Bombern und ca. 6.000 Soldaten sind auf Guam vier atombetriebene U-Boote stationiert. Von der Insel starten US-Flugzeuge Richtung Japan oder Korea.

Am Vortag waren Einschätzungen japanischer und US-amerikanischer Geheimdienste bekannt geworden, nach denen Nordkorea in der Entwicklung atomarer Sprengköpfe weiter fortgeschritten sein soll als bislang angenommen. So sei vermutlich der Schritt der Verkleinerung der Sprengköpfe, sodass sie auf ballistische Raketen montiert werden könnten, bereits abgeschlossen. Allenfalls die Frage, wie ein Verglühen eines Interkontinentalsprengkopfes beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre verhindert werden könne, sei noch ungelöst.

Nordkorea reagierte auf Trumps Drohungen mit ebenfalls scharfen Worten: Man überprüfe Pläne, die Umgebung des US-Außengebiets Guam im Westpazifik anzugreifen. Sobald Kim Jong Un den Befehl gebe, werde losgeschlagen. Auf der Insel im Pazifik befindet sich eine der größten US-Militär- und Luftwaffenbasen außerhalb des US-Festlandes. Von Guam können US-Kampfbomber jegliche Ziele im westlichen Pazifik wesentlich schneller erreichen als vom US-Festland aus.

„Trumps Worte sind überzogen und unklug, selbst als Akt der Abschreckung“

Kiichi Fujiwara, Universität Tokio

Guams Gouverneur gab sich gelassen, man sei auf alles vorbereitet, sagte Eddie Calvo in einer Fernsehansprache. Auch US-Außenminister Rex Tillerson versuchte sich am Mittwoch in vorsichtiger Deeskalation. In Erwiderung von Äußerungen Nordkoreas, die USA sollten sich nicht zu sehr in Sicherheit wiegen, auch ihr Festland könne sich in ein Flammenmeer verwandeln, sagte Tillerson, er glaube nicht, dass es „irgendeine unmittelbare Bedrohung“ gebe, „Amerikaner sollten nachts gut schlafen“. Sowohl in den USA selbst als auch in anderen Teilen der Welt stießen Trumps Äußerungen auf Kritik. Der republikanische Senator John McCain, der sich immer wieder als Kritiker des Präsidenten hervorgetan hatte, sagte, „große Führungspersönlichkeiten“ drohten ihren Feinden nur, wenn sie auch zum Handeln bereit seien. Er zweifle, ob Trump bereit sei, und warnte vor einer „ernsthaften Konfrontation“ mit Nordkorea. Ähnlich äußerten sich auch mehrere europäische und andere US-amerikanische Politiker beider Parteien. „Wir verfolgen die rhetorische Eskalation um die koreanische Halbinsel mit größter Sorge,“ sagte der Sprecher des deutschen Auswärtigen Amtes, Martin Schäfer. „Weiteres Säbelrasseln wird uns hier sicher nicht weiterbringen.“

„Feuer und Wut hat die Welt in Hiroschima und Nagasaki vor 72 Jahren gesehen“, schreibt der Professor für internationale Politik an der Universität Tokio, Kiichi Fujiwara, auf Twitter. Trumps Worte seien „überzogen und unklug, selbst als Akt der Abschreckung“.

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