Untreue-Verdacht bei Enke-Stiftung

Fußball Die Staatsanwaltschaft Hannover prüft einen Untreue-Vorwurf zulasten der Robert-Enke-Stiftung. Ein Regionalligist und der niedersächsische Fußballverband sollen in die Vorgänge verwickelt sein

Robert Enkes Witwe Teresa präsentiert mit der DFB-Spitze eine App für Depressive Foto: Julian Stratenschulte

von André Zuschlag

Die Staatsanwaltschaft Hannover prüft den Verdacht der Untreue gegenüber der Robert-Enke-Stiftung. Im Raum steht die Frage, ob MitarbeiterInnen der Stiftung für Arbeit bezahlt wurden, die sie möglicherweise gar nicht geleistet haben. „Wir prüfen derzeit noch, ob da was dran ist“, sagt Kathrin Söfker, Sprecherin der Staatsanwaltschaft.

Für den Deutschen Fußball-Bund (DFB) ist die Robert-Enke-Stiftung ein Leuchtturmprojekt, das die soziale Bedeutung des Verbands untermauern soll. Gemeinsam mit dem Ligaverband DFL und Hannover 96 wurde die Stiftung, die von Enkes Frau Teresa geführt wird, nach dem Tod des ehemaligen Nationaltorhüters mit hohen Summen ausgestattet. Ziel der Stiftung ist seit ihrer Gründung 2010, Aufklärungsarbeit über Depressionen und Kinderkrankheiten zu leisten. Regelmäßig macht sie dafür Veranstaltungen und hat ein großes Netzwerk an ExpertInnen aufgebaut.

Angestoßen wurden die Ermittlungen durch eine Strafanzeige, die der hannoversche Rechtsanwalt Fabian Klahr gestellt hatte. „Wir haben einen Hinweis über diesen Verdacht erhalten und die Behörden gebeten, Ermittlungen darüber aufzunehmen“, sagt Klahr. Die Staatsanwaltschaft Hannover, die die Strafanzeige im vorigen November zugestellt bekam, sah allerdings keinen Anfangsverdacht. Schon fünf Tage später stellte sie die Ermittlungen ein.

„Das ging überraschend zügig“, sagt Klahr und legte dagegen Beschwerde ein. „Wir haben in der Strafanzeige einen entsprechenden Zeugen angeboten, doch dieser wurde bisher nicht befragt“, sagt Klahr. Seiner Beschwerde wurde stattgegeben. „Wir haben den Zeugen jetzt gebeten, sich darüber zu äußern“, sagt Söfker.

Der Strafanzeige zugrunde liegt eine besondere Konstellation im niedersächsischen Fußball. Das Büro der Stiftung ist in Barsinghausen, vor den Toren Hannovers. Dort hat auch der Niedersächsische Fußballverband (NFV) seinen Sitz – beide haben dieselbe Anschrift. Zudem ist der Regionalligist Germania Egestorf/Langreder in Barsinghausen beheimatet.

Wegen personeller Überschneidungen zwischen dem Verband und dem Verein gibt es bereits seit einigen Jahren immer wieder Diskussionen. Der Club gilt als Produkt des NFV-Vorsitzenden Karl Roth­mund. Mehrere Spieler des Vereins sind beim Verband angestellt. Insbesondere in der Region Hannover rumort es bei den höherklassigen Vereinen wegen der engen Verbindungen zwischen dem NFV und dem örtlichen Sportverein.

„Wir haben in der Strafanzeige einen Zeugen angeboten, doch dieser wurde bisher nicht befragt“

fabian Klahr, rechtsanwalt

In diese personellen Überschneidungen ist aber auch die Robert-Enke-Stiftung involviert. So ist etwa Jan Baßler Spieler beim Fußball-Oberligisten, Leiter des Präsidialbüros und stellvertretender Direktor beim NFV sowie Geschäftsführer der Robert-Enke-Stiftung. Insgesamt sollen 21 Personen gegenwärtig oder in den vergangenen Jahren sowohl für den Verein und den Verband als auch für die Stiftung Funktionen und Tätigkeiten ausgeübt haben.

Dass örtliche Unternehmen ihren Fußballverein unterstützen, indem sie Spielern Jobs geben oder diese anderweitig versorgen, ist im Amateurfußball nicht unüblich. Im vorliegenden Fall geht es allerdings nicht um einen privaten Betrieb, sondern um einen zur Unparteilichkeit angehaltenen Verband. Dies ist in erster Linie eine moralische Frage. Denn einige Spieler des Regionalligisten sollen, dank der engen Verbindung des NFV zu beiden Seiten, bei der Stiftung angestellt sein, dort jedoch nur sehr wenig arbeiten.

Klahr hatte die Strafanzeige im Auftrag von Andree Ullmann, dem Vorsitzender des 1. FC Wunstorf, eingereicht. Den Hinweis der möglichen Untreue erhielt Ullmann von einem Angestellten der Stiftung. Der meinte, einige dort ebenfalls angestellte Fußballspieler des Regionalligisten würden fast nie arbeiten. Sollten sie für wenig Arbeit übermäßig bezahlt sein, wäre dies strafrechtlich relevant. Die Robert-Enke-Stiftung äußert sich bisher nicht zu den Vorwürfen.