Venezuela

Der Machtkampf zwischen Regierung und Opposition geht weiter – und nun mischen sich auch die USA ein

Venezuelas Regierung will Verfassungsreform

Abstimmung Die VenezolanerInnen sollen am Sonntag 545 Delegierte für die umstrittene Verfassunggebende Versammlung wählen. Die Opposition ruft die Bevölkerung zum Boykott der Wahl auf – US-Präsident Trump droht mit Wirtschaftssanktionen

BUENOS AIRES taz | Rund 19 Millionen VenezolanerInnen sind am Sonntag aufgerufen, die Delegierten einer Verfassunggebenden Versammlung zu wählen. Die Asamblea Nacional Constituyente (ANC) soll eine Verfassung erarbeiten, die ein neues Staatsmodell festlegt. Darin sollen kommunale Räte, aber auch die staatlichen Sozialprogramme verankert werden. Die Opposition befürchtet, dass Präsident Nicolás Maduro auf diesem Weg das von der Opposition kontrollierte Parlament entmachten will. Die Bildung der ANC hatte Maduro per Dekret erlassen.

Vorausgegangen waren bis dahin 50 Protesttage mit 50 Toten. Maduro stützt sich auf Artikel 348 der gegenwärtigen Verfassung. Umstritten ist jedoch, ob der Präsident eine solche Versammlung überhaupt selbst initiieren darf. Von den 545 Mitgliedern der ANC werden 364 in den Bundesstaaten gewählt. 173 werden als VertreterInnen aus acht gesellschaftlichen Bereichen gewählt, darunter ArbeiterInnen, RentnerInnen, UnternehmerInnen, Behinderte und Studierende. Alle Wahlberechtigte haben zwei Stimmen. Acht Sitze sind indigenen Vertretern vorbehalten.

Die rechte Oppositionsmehrheit in der Nationalversammlung lehnt eine Teilnahme an der Wahl kategorisch ab. Sie wirft dem Präsidenten vor, rund die Hälfte des ANC mit regierungstreuen Vertretern zu besetzen und somit sein „diktatorisches Regime“ weiter zu festigen. In einem von der Opposition organisierten Referendum hatten sich am 16. Juli rund 7,5 Millionen VenezolanerInnen gegen die Verfassunggebende Versammlung ausgesprochen. Das Ergebnis hat jedoch keinen bindenden Charakter. US-Präsident Donald Trump begrüßte tags darauf den Abstimmungserfolg der Opposition und drohte seinem Amtskollegen Wirtschaftssanktionen an. Seither wird spekuliert, welche Sanktionshebel er in Bewegung setzen kann. So könnte der Import von Rohöl aus Venezuela vorübergehend ausgesetzt oder nicht mehr in Dollars bezahlt werden. Täglich beziehen die USA von Venezuela 800.000 Fass Öl. So fließen täglich knapp 36 Millionen Dollar nach Caracas. Venezuelas Ölexporte nach Russland und China dienen der Tilgung bereits erhaltener Kredite.

Bislang bleibt die US-Administration noch bei ihrer Linie, Sanktionen nur gegen Einzelpersonen zu verhängen. So verhängte das US-Finanzministerium am Mittwoch gegen weitere 13 hochrangige Funktionäre aus der Regierung, dem Militär und der staatlichen Ölgesellschaft PDVSA ein Einreiseverbot und fror zugleich ihre Vermögen in den USA ein.

Die Vorwürfe lauten Korruption, Drogenhandel, Menschenrechtsverletzungen und Zerrüttung der Demokratie. Unter den Sanktionierten ist die Vorsitzende des Obersten Wahlrates, Tibisay Lucena, sowie der Vorsitzende der ANC- Vorbereitungskommission Elías Jaua.

Jürgen Vogt