: Freihandel von Brüssel bis Tokio
Weltwirtschaft Ein Signal gegen Trump: Kurz vor dem G20-Treffen wollen sich die EU und Japan auf einen Handelsdeal einigen. Probleme bei Details und Transparenz
Es ist ein Signal an US-Präsident Donald Trump und die Protektionisten: Kurz vor dem G20-Gipfel in Hamburg wollen die EU und Japan den Weg für ein neues Freihandelsabkommen frei machen. Zur Feier von „Jafta“ wird am Donnerstag sogar ein Sondergipfel in Brüssel einberufen. Allerdings sind noch längst nicht alle Streitfragen ausgeräumt, über Details schweigt sich die EU aus.
„Es ist wichtig für uns, die Flagge des freien Handels zu schwenken als Reaktion auf globale Bewegungen zum Protektionismus“, sagte Japans Regierungschef Shinzo Abe, der nun eigens nach Brüssel anreist. Eine „ehrgeizige Vereinbarung für freien und fairen Handel“ verspricht EU-Ratspräsident Donald Tusk. Bei ihrem Sondergipfel wollen Abe und Tusk eine „politische Vereinbarung“ verkünden.
Die endgültige Einigung wird erst gegen Jahresende erwartet. Als schwierig gelten die hohen japanischen Abgaben auf Käse und andere EU-Lebensmittel einerseits und die Einfuhrzölle auf japanische Autos andererseits. Das Abkommen klammert bisher ausgerechnet eins der heikelsten Themen aus: die umstrittenen privaten Schiedsgerichte für Investoren. Japan will an dem sogenannten ISDS unbedingt festhalten. Die EU fordert dagegen ein neuartiges „Investment Court System“ (ICS), wie es bereits mit Kanada vereinbart wurde.
Streit gibt es auch noch bei den sogenannten nichttarifären Handelshemmnissen, geografischen Herkunftsbezeichnungen, Dienstleistungen und Ursprungsregeln. Hier geht es um alle möglichen europäischen Produkte von Wein bis Wurst. Auch die Eisenbahn bereitet der EU noch Kopfzerbrechen, da Japan seinen öffentlichen Markt nicht für Züge aus Deutschland oder Frankreich öffnen will.
Doch mit einem Scheitern rechnet niemand mehr. Schließlich ist der Gipfel nur deshalb einberufen worden, weil ein Durchbruch möglich scheint. „Schaut her – wir gründen die größte Freihandelszone der Welt“: So lautet die Botschaft aus Brüssel nach Hamburg. Japan ist nach den USA und China die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt. Das Handelsvolumen zwischen der EU und Japan belief sich 2016 auf etwa 125 Milliarden Euro. Dem Ifo-Institut zufolge könnte es durch den Abbau von Handelsbarrieren noch einmal deutlich gesteigert werden.
Allein das deutsche Bruttoinlandsprodukt könne jährlich um bis zu 20 Milliarden Euro oder 0,7 Prozent höher ausfallen, so die Ifo-Experten. Diese Schätzungen sind mit Vorsicht zu genießen, aber Exportweltmeister Deutschland zählt sicher zu den größten Profiteuren.
Auf der Strecke ist die Transparenz geblieben. Ohne Leaks wüssten wir fast nichts über Jefta. Das letzte EU-Dokument wurde am 3. April veröffentlicht. Der aktuelle Verhandlungsstand bleibt unter Verschluss.
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