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Achtung: Studie mit beschränkter Aussage

Autos Wie viele Arbeitsplätze sind gefährdet, falls Deutschland Verbrenner verbietet?

Für das Klima wäre ein Verbot gut, so die Studie

BERLIN taz | In Deutschland wären von einem Verbot neuer Autos mit Benzin- oder Dieselmotoren ab dem Jahr 2030 laut einer neuen Studie des Münchner Ifo-Instituts rund 600.000 Jobs betroffen. „Jeder zweite Arbeitsplatz in der Automobilindustrie hängt mit dem Verbrennungsmotor zusammen“, sagt Ifo-Chef Clemens Fuest bei der Vorstellung der Studie. Direkt bei den Herstellern seien 436.000 Stellen gefährdet, bei den Zulieferern weitere 130.000.

Fuest hat die Studie im Auftrag des Verbands der Automobilindustrie (VDA) erstellt. Auch wirtschaftlich prognostizieren die Autoren der Studie erhebliche Einbußen. Rund 48 Milliarden Euro Bruttowertschöpfung gingen bei einem Verbot womöglich verloren – 13 Prozent der gesamten Leistung der deutschen Industrie.

Die Aussagekraft der Studie hinsichtlich der zu erwartenden Beschäftigungsentwicklung ist jedoch beschränkt, wie Fuest auch selbst einräumt. Untersucht wurde nur der Status quo, also der momentane Anteil der Verbrennungsmotoren am Arbeitsaufkommen und der Wertschöpfung. Gewinne aus dem Aufbau von Fertigungslinien für Elektroautos hat das Institut nicht gegengerechnet. Auch könnte Deutschland Benziner oder Diesel weiter exportieren, trotz Zulassungsverbot. Die Exportquote der Branche liegt immerhin bei 70 Prozent. Selbst VDA-Chef Matthias Wissmann sieht keine internationale Welle gegen Benziner. „Ich kenne kein Land der Welt, in dem geplant wird, den Verbrenner zu verbieten“, sagt der Cheflobbyist der Branche.

„Deutschland als Heimat der Automobilindustrie sollte keine Antriebsart gegen die andere in Stellung bringen“, fordert Wissmann. Die Politik müsse Klimaziele formulieren, dürfe jedoch keine Technologie vorschreiben. Als Alternative im Sinne des Klimaschutzes spricht die Ökonom Fuest dafür aus, die Autoindustrie in den Emissionshandel einzubeziehen. Damit würde der CO2-Ausstoß mit einem Preis versehen oder, anders gesagt, der Verbrauch von Sprit und eventuell auch dir Produktion der Fahrzeuge verteuert.

Für das Klima wäre ein Verbot zunächst gut, wie die Studie auch herausfand. Die CO2-Emissionen durch Pkws würden gegenüber bisherigen Prognosen um fast ein Drittel zurückgehen. Das Institut sieht darin allerdings auch Probleme. Denn zum Ausgleich müssten die Zulassungszahlen von Elektro­autos von bisher angenommenen 250.000 jährlich auf rund 3,3 Millionen ansteigen. Die Stromproduktion müsste zunächst um gut 1 Prozent, bis Mitte des Jahrzehnts um 7,6 Prozent steigen. Die Klimaziele könnten nur erreicht werden, wenn diese zusätzlichen Mengen Co2-neutral produziert werden, warnt das Ifo-Institut. Wolfgang Mulke

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