: Neue Haustypen, die sich auch in Serie bauen lassen
Neubau Trotz Rekordinvestitionen fehlt bezahl-barer Wohnraum. Standardisierung soll es richten
Der Trick besteht darin, gleiche Häuser zu bauen, die nicht gleich aussehen. Aufbau und Innenausstattung der Gebäude können identisch sein. Aber etwa die Größe der Fenster oder das Material der Fassade zweier Häuser sollen sich unterscheiden, sodass sie eine andere Anmutung haben. Man merkt also gar nicht, dass es sich um standardisierten Wohnungsbau handelt.
Das ist jedenfalls das Ziel der sechs landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften: Bis 2021 sollen sie 30.000 neue Wohnungen bauen. Weil es schneller geht und billiger ist, nicht jedes neue Gebäude einzeln zu planen, haben sie Architekturbüros verschiedene Haustypen entwerfen lassen, die sich auch in Serie bauen ließen.
Am Dienstag stellten sie die Entwürfe bei einem Pressegespräch vor: Klassische Blockbebauungen sind darunter, mit Balkonen und zurückspringenden Fassaden, aber auch Hochhäuser und Dachaufstockungen. Die Probleme von Großsiedlungen aus der Vergangenheit wollen die Wohnungsbaugesellschaften nicht reproduzieren. Gesobau-Vorstand Jörg Franzen versicherte: „Wir bauen diese Wohnungen nicht als Platte 2.0 in das Stadtbild.“
Die Haustypen könnten etwa beim geplanten Quartier am Blankenburger Pflasterweg zum Einsatz kommen, so Snezana Michaelis, Vorstandsmitglied der Gewobag, oder in der Wasserstadt Oberhavel. In welchem Umfang, darauf wollten sich die VertreterInnen der Wohnungsbaugesellschaften am Dienstag nicht festlegen. Doch losgehen soll es bald. „Ab Mitte 2018 können Sie die Gebäude an einigen Stellen in der Stadt wachsen sehen“, sagte Ingo Malter, Geschäftsführer von Stadt und Land.
Dass Neubau nötig ist, zeigen auch Zahlen des Verbands Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU). Die Mitglieder des Verbands bewirtschaften 40 Prozent aller Berliner Mietwohnungen. Berlinweit sank der Anteil leerer Wohnungen beim BBU von 1,7 Prozent im Jahr 2015 auf 1,6 Prozent 2016. Noch weniger sei in Marzahn, Hellersdorf, Hohenschönhausen und Lichtenberg frei. Gab es vor zehn Jahren noch 12.600 Wohnungen, die die Unternehmen wegen ihrer schlechten Lage oder ihrer Ausstattung nicht losbekamen, sank diese Zahl 2016 auf 700.
Zwar kletterten die Investitionen der Wohnungsunternehmen mit 1,8 Milliarden Euro auf ein neues Hoch. Doch der Neubau müsse weiter beschleunigt werden, so BBU-Chefin Maren Kern. „In Berlin wird nach wie vor zu wenig gebaut, wenn das Ziel eines mittelfristig wieder entspannteren Mietwohnungsmarkts erreicht werden soll.“ Kern schlug deshalb „Neubaubündnisse“ und „Genehmigungsmanager“ in den Bauämtern vor. Zudem müsse der Senat entschlossen dafür kämpfen, dass der Flughafen Tegel zugunsten von Wohnungen schließt. „Kiez statt Kerosin“, forderte Kern.
Neubau erhöht das Angebot an Wohnungen, führt aber nicht automatisch zu günstigen Mieten. Die Hälfte der von den landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften errichteten Wohnungen sollen deshalb für 6,50 Euro pro Quadratmeter vermietet werden. In einem Interview mit der Berliner Zeitung hat Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Linke) angekündigt, die Wohnungsbauförderung auszudehnen. Auch für Wohnungen mit einer Miete von 8 Euro pro Quadratmeter sollen Mittel zur Verfügung stehen. Lompscher sagte: „Wir brauchen ein zusätzliches Segment für die Mittelschicht und Familien.“ Antje Lang-Lendorff
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