: Nach dem Prozessauftakt gab es Prügel
Auftakt Mit hoher Polizeipräsenz hat in Bremen der Prozess gegen drei Männer begonnen, die einen 15-Jährigen getötet haben sollen. Und hinterher wurde noch ein Zeuge verprügelt
Mit mehr als einstündiger Verzögerung begann am Mittwoch der Prozess vor dem Landgericht Bremen wegen Totschlags gegen drei Männer. Sie sollen am Neujahrsmorgen einen 15-jährigen Syrer so schwer verprügelt haben, dass er wenig später an seinen Verletzungen starb.
Die zwei 35- und 24-jährigen türkischstämmigen Angeklagten sowie ein 16-jähriger Deutsch-Armenier sollen in der Silvesternacht im Stadtteil Lüssumer Heiden im Bremer Norden den 15-jährigen Syrer Odai K. und eine Begleiterin bepöbelt, einer von ihnen soll die Frau auch geschlagen haben.
Der Jugendliche flüchtete in ein Ladenlokal. Doch die Täter folgten ihm und prügelten auf ihn ein – zuletzt soll der 24-jährige Angeklagte ihm eine noch fast volle Whiskyflasche „mit voller Wucht“ gegen den Kopf geschlagen haben, heißt es in der Anklageschrift. Odai K. starb am 7. Januar im Krankenhaus.
Seit den Geschehnissen brodelt die Bremer Gerüchteküche: Am Rande der Trauerfeier für Odai K. wurde die verbotene Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) erwähnt, Konflikte zwischen jesidischen Kurden und Muslimen wurden als mögliches Tatmotiv genannt. Und ein Mann, der vor drei Jahren in der Bremer Neustadt Opfer eines Axt-Angriffs geworden war, behauptete, dass die Täter derselben „jesidisch-kurdischen Großfamilie“ angehörten wie die mutmaßlichen Mörder von Odai K.
Bei all dem handele es sich um Spekulationen, sagte Gerichtssprecher Helmut Kellermann im Anschluss an den ersten Verhandlungstag, an dem lediglich die Anklage verlesen wurde. Hinweise auf einen fremdenfeindlichen Hintergrund gebe es bisher nicht, es sei lediglich bekannt, dass einer der Angeklagten Odai K. gefragt haben soll: „Wem seine Mutter fickst Du?“
Die ungewöhnlich hohe Polizeipräsenz vor dem Gerichtsgebäude und die scharfen Kontrollen der ZuschauerInnen, von denen offenkundig ein Großteil Bekannte der Angeklagten waren, begründete Gerichtssprecher Kellermann mit „dem soziokulturellen Hintergrund“ der Angeklagten. Der erfordere erhöhte Sicherheitsmaßnahmen.
Die nützten dem umstrittenen Polit-Aktivisten Martin Lejeune allerdings wenig: Er saß im Publikum, bis ihn die Richterin des Saales verwies: „Weil Sie in engem Kontakt zu den Nebenklägern stehen, sollen Sie in diesem Verfahren noch als Zeuge aussagen“, begründete sie den Verweis. Vor dem Gerichtsgebäude wurde Lejeune dann von drei Männern zusammengeschlagen. Laut Polizei handelt es sich um Unbekannte, Der Prozess soll am 26. Juli fortgesetzt werden. Simone Schnase
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen