Reycling von Abwasser: Im Schlamm fischen
Phosphor ist wertvoll und knapp. Künftig wird er aus dem Abwasser herausgefiltert. Das regelt die neue Klärschlammverordnung.
Fast zehn Jahre lang hatten Abgeordnete und Verbände darüber gegrübelt, wie sich der Zielkonflikt „Umweltschutz versus Ressourcenschutz“ lösen ließe: Einerseits enthalten die rund zwei Millionen Tonnen Klärschlamm, die jährlich in Deutschland anfallen, viele Schadstoffe, etwa Schwermetalle und Medikamentenrückstände; darum gab es Bedenken, ihn weiter auf Felder und Äcker zu kippen. Andererseits enthält der Schlamm Phosphor; das wichtige Düngemittel gilt der EU-Kommission als knapper Rohstoff. Einfach nur verbrennen und entsorgen war also auch keine Lösung.
Mit langen Übergangsfristen von bis zu 15 Jahren müssen die Kläranlagen sich nun dafür ausrüsten, den Phosphor aus dem Schlamm herauszufiltern. Derzeit arbeiten zahlreiche Versuchsanlagen daran: Einige gewinnen den Phosphor aus dem Klärschlamm zurück, in anderen wird der getrocknete Schlamm verbrannt und der Phosphor aus der Asche extrahiert.
Langfristig würden sich vier bis fünf Technologien als praktikabel und bezahlbar herausfiltern, sagt Daniel Frank, Geschäftsführer der Deutschen Phosphor Plattform. Die neue Verordnung sei „hilfreich“, denn künftig sei es möglich, wirtschaftlich Phosphor zurückzugewinnen. „Natürlich ist das erst der Anfang“, so Frank, „als Nächstes müssen wir an die Gülle aus der Landwirtschaft ran.“
Um die 82.000 Tonnen Phosphat importiert Deutschland jährlich, vor allem aus Marokko, China und den USA. 40 Prozent davon ließen sich durch zurückgewonnenes Phosphat aus Klärschlamm ersetzen, schätzt das Bundesforschungsministerium. Der Verband der Kommunalen Unternehmen (VKU) fordert, die Kläranlagen müssten die entstehenden Mehrkosten auf die Abwassergebühren aufschlagen dürfen. Berechnungen des Umweltbundesamtes gehen von Mehrkosten von 30 Cent bis 4,30 Euro pro Einwohner im Jahr aus, je nach Technik und Voraussetzungen der Anlage. Laut einer Umfrage des VKU rechnen zwei Drittel aller Mitglieder mit „erheblichen Kosten“.
Trotzdem findet die Verordnung breites Wohlwollen. Wirtschaftsverbände wie der Bundesverband der Deutschen Entsorgungswirtschaft sind froh, dass es endlich Planungssicherheit gebe. Die Opposition stört sich nur an Ausnahmen für kleine Kläranlagen und findet es „gut, dass die Phosphor-Rückgewinnung als Zukunftstechnologie angegangen wird“, so der umweltpolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Peter Meiwald.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich
Wirkung der Russlandsanktionen
Der Rubel rollt abwärts
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Rauchverbot in der Europäischen Union
Die EU qualmt weiter
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern