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Am unteren Ende gespart

Prekär Flüchtlingsinitiativen fordern eine bessere Gesundheitsvorsorge für Menschen ohne Papiere – doch die bleibt vorerst auf einem Minimum.

„Der anonyme Krankenschein kann in die Humanitäre Sprechstunde integriert werden“

Vera Bergmeyer, Medinetz

Die Humanitäre Sprechstunde für Menschen ohne Papiere leidet unter Sparmaßnahmen. Das anfängliche Jahresbudget von 23.000 Euro wurde auf 8.000 Euro gesenkt. Doch die Nachfrage an medizinischer Betreuung für MigrantInnen ohne definierten Aufenthaltsstatus hat nicht nachgelassen, wie die Hilfsorganisation Medinetz bei einer Podiumsdiskussion zum Thema kritisiert hat.

Seit 2009 gibt es die Humanitäre Sprechstunde für MigrantInnen ohne Papiere beim Gesundheitsamt in Kooperation mit der Inneren Mission. An zwei Tagen in der Woche bieten dort eine Gynäkologin und eine Allgemeinmedizinerin medizinische Grundversorgung an. Die Behandlung ist anonym und kostenfrei.

Doch die Sprechstunde hat ihre Belastungsgrenze erreicht. Nach Vera Bergmeyer, Mitglied beim Medinetz, einer medizinischen Vermittlungs- und Beratungsstelle für Geflüchtete, mangelt es an Personal und medizinischen Ressourcen. Eine ausreichende Budgeterhöhung steht jedoch nicht in Aussicht, denn dafür „fehlt das Geld“, so Stephanie Dehne, Sprecherin für Gesundheitspolitik und Verbraucherschutz der SPD bei der Diskussion.

„Für viele der Menschen, die zur Sprechstunde kommen, genügt die Untersuchung“, sagt Bergmeyer. Unter den über 500 PatientInnen waren vor allem Schwangere. Es komme jedoch immer wieder zu „Versorgungslücken“, so Bergmeyer. Solche Lücken entstehen, wenn die Grundversorgung für die Beschwerden der Illegalisierten nicht ausreicht und eine fachärztliche Behandlung oder eine Operation nötig ist. Aufgefangen werden sie dann von MedizinerInnen, die sich ehrenamtlich um die Papierlosen kümmern. Die Sicherung des Rechts auf Gesundheit wird somit auf die Zivilbevölkerung abgewälzt.

Ein Alternativmodell zur Humanitären Sprechstunde erprobt etwa Niedersachsen seit einiger Zeit. Im Großraum Hannover und Göttingen können sich Menschen ohne definierten Aufenthaltsstatus anonyme Krankenscheine ausstellen lassen.

Diese funktionieren wie Überweisungen und gestatten eine freie ÄrztInnenwahl – die Illegalisierten sind im Regelsystem, ohne ihre Namen zu nennen und Gefahr zu laufen, nach der Behandlung abgeschoben zu werden.

Auch Kirsten Kappert-Gonther, Gesundheitssprecherin der Grünen, möchte das Ehrenamt entlasten. Den anonymen Krankenschein hält sie jedoch für ungeeignet: „Es darf neben der Humanitären Sprechstunde keine weitere Parallelstruktur im Gesundheitswesen geben“, sagte sie.

Stattdessen will Kappert-Gonther lieber die Humanitäre Sprechstunde ausbauen und mit dem Regelsystem verbinden. Konkrete Vorschläge, wie Papierlose systematisch im Gesundheitssystem versorgt werden können, machte sie allerdings nicht.

Bergmeyer sagt: „Der anonyme Krankenschein kann in die Humanitäre Sprechstunde integriert werden.“ Wenn die Grundversorgung nicht ausreiche, gebe es einen Schein für den Facharzt. Von einer zweiten „Parallelstruktur“ könne also kaum gesprochen werden.

Möglich ist auch, dass der Grund für die Ablehnung ganz woanders zu suchen ist: Niedersachsen subventioniert den anonymen Krankenschein im Raum Göttingen und Hannover mit 800.000 Euro im Jahr – das Hundertfache von dem, was Bremen derzeit bezahlt.

Florian Schlittgen

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