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Von Pjöngjang freigelassener US-Student gestorben

Nordkorea/USA Otto Warmbier war 17 Monate in nordkoreanischer Haft, davon 15 im Koma

„Otto Warmbier wurde vom Kim-Jong- Un-Regime ermordet“

John McCain, US-Senator

SEOUL taz| Als die Warmbiers ihren Sohn Otto nach 17 Monaten wieder in den Armen hielten, war er schon nicht mehr ansprechbar. Der 22-Jährige lag seit mehr als einem Jahr im Koma, bevor Nordkoreas Behörden ihn aus dem Gefängnis ließen. Am Montag erlag Otto Warmbier im Uniklinikum Cincinatti seinen Hirnverletzungen.

Auch wenn die genaue Ursache seines Todes unklar ist, steht fest, dass er Opfer eines verbrecherischen Regimes wurde. In den meisten Ländern würde sein Vergehen als Lausbubenstreich gesehen: Während eines Nordkorea-Besuchs versuchte der Student in seinem Hotel ein Propaganda-Plakat zu stehlen. Bei der Abreise am Flughafen wurde er festgenommen, und später zu 15 Jahren Zwangsarbeit verurteilt.

Politisch könnte der Fall Folgen haben: US-Verteidigungsminister Rex Tillerson machte Nordkorea für Warmbiers Tod verantwortlich, Präsident Donald Trump verurteilte das „brutale Regime“ in Pjöngjang. Der republikanische Senator John McCain drückte es am drastischsten aus: „Otto Warmbier wurde vom Kim-Jong-Un-Regime ermordet“.

Die US-Regierung, die sich diese Woche mit der chinesischen zu Gesprächen trifft, dürfte dabei auf eine erneute Verschärfung der Nordkorea-Sanktionen drängen. Doch zum letzten nichtmilitärischen Druckmittel werden die Amerikaner Peking nicht bringen können: Chinas Öllieferungen lassen das Regime überleben. Auch dass Warmbiers Tod militärische Konsequenzen nach sich zieht, ist unwahrscheinlich. Ein Krieg mit Nordkorea hätte verheerende Folgen – allein wegen der 25 Millionen Menschen, die nur eine Autostunde südlich der innerkoreanischen Grenze im Großraum Seoul leben.

Bisher hat Nordkorea immer wieder Amerikaner verhaftet, um sie in Verhandlungen mit Washington als Geisel zu missbrauchen. Doch genossen die Inhaftierten dabei eine Sonderbehandlung. Denn das Kim-Regime ist darauf bedacht, als Staat mit reiner Weste zu gelten, der Menschenrechte und Verfassung achtet.

Derzeit sitzen noch drei weitere US-Bürger koreanischer Abstammung in nordkoreanischen Gefängnissen langjährige Haftstrafen ab. Sie wurden unter anderem wegen Spionage, Majestätsbeleidung und Umsturzversuchen verurteilt. Der Versuch, sie durch geheime Verhandlungen freizubekommen, dürfte den Handlungsspielraum der Trump-Regierung gegenüber Pjöngjang einschränken.

Fabian Kretschmer

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