Türkei Behörden nahmen Deutsche fest, ohne Konsulat zu informieren
: Funkstille in Istanbul

Seit zwei Wochen gefangen: Meşale Tolu Foto: privat

von Tobias Schulze

Im Fall der in Istanbul verhafteten Journalistin Meşale Tolu bahnt sich eine weitere diplomatische Krise zwischen Deutschland und der Türkei an. Wie das Auswärtige Amt am Freitag mitteilte, haben die türkischen Behörden die Bundesregierung entgegen völkerrechtlichen Vorschriften nicht über die Inhaftierung der deutschen Staatsangehörigen informiert. Auch auf die Bitte der Bundesregierung, Tolu konsularisch betreuen zu dürfen, habe die Türkei bislang nicht reagiert. „Das ist bedauerlich“, sagte ein Sprecher des Ministeriums in Berlin.

Tolu war im Jahr 2014 von Ulm nach Istanbul gezogen. Am frühen Morgen des 1. Mai diesen Jahres wurde sie in ihrer Wohnung festgenommen, seit dem 6. Mai sitzt sie in Untersuchungshaft. Bekannt wurde dies erst am Donnerstag. Wegen eines Geheimhaltungsbefehls der Behörden ist nicht klar, was der Journalistin konkret vorgeworfen wird.

Anders als der ebenfalls inhaftierte Journalist Deniz Yücel ist Tolu nur deutsche Staatsangehörige. Die türkische Staatsbürgerschaft hat sie nach Angabe ihrer Familie abgelegt. Damit gelten für sie die Vorschriften des Wiener Übereinkommens über konsularische Beziehungen. Die türkischen Behörden hätten demnach das deutsche Konsulat in Istanbul unverzüglich über die Festnahme und die Untersuchungshaft informieren müssen. Außerdem ist der deutsche Generalkonsul eigentlich dazu berechtigt, mit der Inhaftierten „zu sprechen und zu korrespondieren sowie für eine Vertretung vor Gericht zu sorgen“.

„Wir haben nicht von türkischer Seite von diesem Fall gehört, sondern aus anderen Quellen“, sagte der Sprecher des Auswärtigen Amtes nun in Berlin. „Das ist bemerkenswert, weil die türkische Regierung in anderen Fällen sehr sorgfältig mit diesen Verpflichtungen umgeht.“ Man arbeite „mit Hochdruck“ daran, Zugang zu Tolu zu bekommen und setze sich für „ein faires Verfahren“ ein. „Das ist das Mindeste, was wir erwarten“, sagte der Sprecher.

Insgesamt sind derzeit sechs deutsche Staatsangehörige in der Türkei inhaftiert, vier davon haben auch die türkische Staatsbürgerschaft. Mehrere andere Deutsche dürfen nicht aus der Türkei ausreisen, weil Ermittlungsverfahren gegen sie laufen.