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Griechenland einigt sich mit GeldgebernBis zu 18 Prozent weniger Rente

Griechenland hat nach eigenen Angaben den Reformstreit mit den internationalen Gläubigern beendet. Denn das Land braucht frisches Geld.

„Es gibt weißen Rauch“, sagte Finanzminister Euklid Tsakalotos Foto: ap

Athen dpa | Griechenland und seine Gläubiger haben sich auf ein Bündel neuer Sparmaßnahmen geeinigt, die den Weg für weitere Hilfen für das kriselnde Land ermöglichen könnten. „Es gibt weißen Rauch“, sagte Finanzminister Euklid Tsakalotos am Dienstag im griechischen Fernsehen (ERT). Der Einigung waren mehrtägige Marathon-Verhandlungen vorangegangen. Eine Bestätigung von Seiten der Gläubiger lag zunächst nicht vor.

Insgesamt handelt es sich um ein Sparpaket in Höhe von gut 3,6 Milliarden Euro, wie aus dem Finanzministerium in Athen hören war. Wichtigste Einschnitte: Rentenkürzungen von bis zu 18 Prozent vom 1. Januar 2019 an und eine Senkung des jährlichen Steuerfreibetrages von 8636 Euro auf etwa 5681 Euro. Der genaue Betrag wurde zunächst nicht bekannt.

Die Experten der EU-Kommission, der Europäischen Zentralbank (EZB), des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) und des Internationalen Währungsfonds (IWF) sollen nun ihren Bericht – das sogenannte Staff Level Agreement – der Eurogruppe vorlegen.

Erst dann kann weiteres Geld aus dem bis zu 86 Milliarden Euro schweren Hilfspaket ausgezahlt werden. Zudem muss noch der IWF seine Beteiligung zusagen. Dringend benötigt wird das frische Geld im Juli, denn dann muss Griechenland Kredite von mehr als sieben Milliarden Euro zurückzahlen.

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21 Kommentare

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  • Der Erfolg des Programmes liegt klar auf der Hand:

    Griechenland ist nicht pleite gegangen.

    Wer nicht weiss was eine Staatspleite ausmacht sollte sich mal im Falle Argentinien schlau machen: http://www.deutschlandfunk.de/argentinien-tango-krise-2001-fuehrte-in-die-staatspleite.1773.de.html?dram:article_id=324020

  • Die Hauptschuld an dem Europäischen Desaster trägt Deutschland. Hätte sich Deutschland an die Verträge gehalten, und seine Löhne entsprechend seiner Produktivitätssteigerungen plus Inflationsausgleich jährlich erhöht, so wie vereinbart. Statt dessen hat Deutschland, just zu dem Zeitpunkt der Euroeinführung genau das Gegenteil gemacht, nämlich den größten Niedriglohnsektor in Europa eingeführt. Genau dann, als sich die anderen Länder ohne eigene Währung nicht mehr wehren konnten. Deshalb wird Deutschland auch schon im Ausland spöttisch als das dritte Welt Land in Europa bezeichnet.

  • Es ist wirklich unglaublich. Die griechischen Bürger werden systematisch ins Elend gestürzt, ohne dass dieses Programm zu irgendeinem Erfolg führt. Die Konten der Reichen in den Steueroasen, die in Investitionen angelegten entzogenen Steuern, bleiben unangetastet. Bei den Russen kann man Konten einfrieren, hier, bei den griechischen Geschäftskumpels bleibt man großzügig. Nur die Kleinen sollen den Gürtel enger schnallen bis aufs Skelett. Quelle Nachdenkseiten

  • An den Teilen unterirdischen Kommentaren, kann man sehr schön ablesen, wie sehr die Indoktrination gewirkt hat. Dass die Austerität in erster Linie dafür verantwortlich ist, wird schlicht geleugnet. Wäre man genau so gegen Deutschland nach dem 2 WK vorgegangen, wie heute mit Griechenland, wäre Deutschland noch heute am Tropf des IWF. Denn was total ausgeblendet wird, ist die Tatsache, dass die Hauptverursacher Banken waren, die sich dank der Deregulierung, teilweise mit krimineller Energie "verspekuliert" haben. Mit der Folge dass alleine Deutschland zur Bankenrettung mehrere hundert Milliarden aufbringen musste. Das wird immer wieder ignoriert. Was den Deutschen nach dem 2 WK "Recht" war, ist Griechenland ebenso. Der einzige Unterschied, Deutschland war für die Folgen des 2 WK selber verantwortlich, Griechenland für die Folgen der Deregulierung der Finanzmärkte nicht.

    • 7G
      73176 (Profil gelöscht)
      @Illoinen:

      Griechenland (und die meisten anderen europäischen Problemfälle) waren ein typisches Beispiel für ein Sudden Stop, wobei der Zufluss von Kapital durch die Euroeinführung ausgelöst wurde. Letztendlich muss also der Euro als Ursache festgestellt werden.

      Ihre Argumentation (Stichwort: Banken und Spekulation) ist ... man würde wohl sagen "postfaktisch" - oder, um Ihre eigenen Worte zu bemühen "(ein) unterirdische® Kommentar()".

      (Und die Situation Deutschlands nach dem 2 WK ist nicht vergleichbar mit der Situation Griechenlands ... Beide hatten/haben komplett unterschiedliche strukturelle Probleme)

  • Natürlich muss Europa, mit seiner gescheiterten Austeritätspolitik, andere Länder verantwortlich machen.

  • EuropaEUphorie...

     

    Das

    wird die Europabegeisterung der griechischen Renter sicher steigern...

    So macht man sich beliebt.

  • Griechenland gibt doppelt so viel vom BIP fuer Renten aus wie Deutschland.

    Deshalb werden diese Kuerzungen kaum reichen einen finanzierbaren Staatshaushalt aufzustellen.

  • 6G
    64938 (Profil gelöscht)

    Ist das jetzt eigentlich das "soziale" Europa, das nach dem Brexit, Dexit und vor dem Frexit immer beschworen wird.

    Kommt mir nicht gerade so sozial vor.

    Warum wird das von der Öffentlichkeit und den Medien nicht viel offensiver eingefordert?

    Oder warten wir erst noch, bis LePen am Ruder ist, um dann laut wehzuklagen?

    • 7G
      73176 (Profil gelöscht)
      @64938 (Profil gelöscht):

      Dann machen Sie doch mal einen Vorschlag, welcher zum Einen sozial verträglich ist und zum Anderen auch die Wettbewerbsfähigkeit weiter erhöht.

      Denn Tatsache ist erstmal, dass der reale Wechselkurs weiter abwerten muss. Das geht entweder indem der nominale Wechselkurs abwertet (geht nicht, weil Gr teil des EUR ist) oder Deflation - also Preise runter (das geht nur, wenn die Löhne sinken).

      • @73176 (Profil gelöscht):

        also Preise runter

         

        Geht im Euro-Raum auch nicht. Der Markt gleicht die Preise an.

         

        Der Euro ist das Problem.

      • @73176 (Profil gelöscht):

        Und - nur mal so gefragt - wozu genau braucht GR die internationale Wettbewerbsfähigkeit? Einen relevanten Exportsektor hat das Land nicht, und hatte das Land noch nie.

        • 7G
          73176 (Profil gelöscht)
          @Kaboom:

          1. Wie Machiavelli schreibt: Finanzierung von Importen.

          2. Muss die Auslandsverschuldung bezahlt werden (wenn man diese nicht streicht / reduziert) - geht letztendlich nur durch eine positive Zahlungsbilanz (schauen Sie sich mal die Zahlungsbilanz/BIP vor der Krise an => akkumulierte Auslandsverschuldung!)

          3. Geht es nicht nur um die Finanzierung von Importen (durch Exporte), sondern auch um die Verringerung von Importen, um griechische Produkte für den gr. Verbraucher attraktiver zu machen:

          Viele Linke denken, durch mehr Geld und Konjunkturprogramme wäre das Problem zu lösen. Wenn aber griechische Produkte teurer sind, als z.B. Produkte aus der EWU, dann würde das Geld sofort wieder ins Ausland fließen (Griechen kaufen die relativ billigeren ausl. Produkte). Außerdem würden die Preise weiter steigen, wodurch griechische Güter noch teurer werden (im Vergleich zu importierten Waren) - das Wettbewerbsproblem würde vergrößert! Es geht also auch um die Verringerung von Importen, damit griechische Verbraucher wieder eigene Produkte kaufen.

          4. etc.

          • 8G
            81331 (Profil gelöscht)
            @73176 (Profil gelöscht):

            ...nur, vergessen Sie nicht Merkel, Schäuble & Co., Deutschland will 'Exportweltmeister', dafür braucht es Absatzmärkte, und deshalb sind o.g. Politiker absolut nicht interessiert, an einem griechischen Wirtschaftsaufschwung. Wie sagte Merkel so schön, Tourismus und Landwirtschaft, dass sollte reichen, für Griechenland.

            • 8G
              83379 (Profil gelöscht)
              @81331 (Profil gelöscht):

              Mehr ist in kurzer Zeit nicht zu machen, vorallem weil der griechische Staat mit seiner Bürokratie so extrem langsam und kompliziert ist. Wäre schön wenn man in Griechenland mal eben ein Silicon Valley ausm Boden stampfen könnte das wird aber nicht klappen, Deutschland konkurriert mit Ländern wie Japan und China da stellen die Griechen noch nicht mal eine theoretische Konkurenz da.

        • 8G
          83379 (Profil gelöscht)
          @Kaboom:

          Weil die Bevölkerung gerne ein höheres Wohlstandsniveau hat das erreich man langfristig nur durch internationale Wettbewerbsfähigkeit, Export von Gütern um den Import von Konsumgütern zu finanzieren. Oder wollen die Leute in Griechenland auf Handys, Computer und dergleichen verzichten?

  • Wie oft wurden die Renten da jetzt eigentlich gekürzt?

    Das ist doch Wahnsinn wie das Land jetzt von Dritten gegen die Wand gefahren wird nachdem die landeseigenen Eliten dies jahrzehntelang getan haben.

     

    Alles damit die Banken ihre eigenen Risikoverluste nicht tragen müssen.

  • Wozu dient denn noch das Hilfspaket, wenn die normalen Griechen auf ihre Rente verzichten müssen?

    • @Energiefuchs:

      Lesen Sie "Die Schock-Strategie" von Naomi Klein. Da werden Sie geholfen.

    • @Energiefuchs:

      Dazu, dass der deutsche Sparer vielleicht irgendwann mal wieder mehr als 0,01% für sein Sparbuch bekommt?

      • 8G
        81331 (Profil gelöscht)
        @LeSti:

        ...Rentenkürzungen kurbeln ja die griechische Wirtschaft an, oder wie? Dort geht's dann so richtig aufwärts...