Bündnis für Faulheit

Gerechtigkeit Niedersachsens Grüne wollen einen zusätzlichen Feiertag ebenso wie die SPD in Bremen und Kiel. Bisher gibt es im Norden weniger als im Süden

von Andrea Scharpen

Die norddeutschen Bundesländer liegen beim Ausspannen, Faulenzen und Freihaben ganz hinten. Während Arbeitnehmer in Bayern an 13 gesetzlichen Feiertagen zu Hause bleiben können, sind es in Hamburg, Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Bremen nur die bundesweit geltenden neun Feiertage wie Weihnachten, Ostern oder der Tag der Deutschen Einheit. Eine Ungerechtigkeit, finden die Grünen in Niedersachsen und die SPD in Bremen und fordern einen zusätzlichen freien Tag – nur über den Anlass müssen sie sich noch einig werden.

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In den Debatten werden der Reformationstag am 31. Oktober, der 8. Mai als Tag der Befreiung vom Nationalsozialismus oder der 1. September als Antikriegstag genannt. Die grüne Landtagsabgeordnete Maaret Westphely aus Niedersachsen plädiert für den Europatag am 9. Mai. „Die EU ist ein großartiges Friedensprojekt“, sagt sie. Es sei wichtig, das Thema in diesen Zeiten positiv zu besetzen.

Für einen weiteren Feiertag ist die Politikerin auch, weil „die Welt sich immer mehr beschleunigt“. Menschen hätten zu wenig Zeit für sich selbst und ihre Familien. Der Feiertag sei da ein gegenteiliges Signal.

Der Norden ist gegenüber Süddeutschland um vier Feiertage im Rückstand

Für die Bremer SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Sascha Karolin Aulepp wäre auch der Frauentag am 8. März vorstellbar. „Wichtig ist, dass ein breiter gesellschaftlicher Konsens gefunden wird.“ Deshalb wolle sie nicht nur mit den anderen Parteien in Bremen sprechen, sondern auch ein gemeinsames Vorgehen mit Niedersachsen verabreden. „Bremen ist schließlich keine Insel“, sagt Aulepp.

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Bei einer Parlamentsabstimmung würde schon eine einfache Mehrheit reichen, um den neuen Feiertag einzuführen – die rot-grünen Landesregierungen könnten das also durchsetzen. Doch die SPD in Niedersachsen hat bislang noch keine gemeinsame Linie gefunden. „Das wird in der Fraktion diskutiert“, sagt Pressesprecher Oliver Grimm. Dabei gehe es nicht nur um das Datum, sondern auch darum, dass der Feiertag „wohlbegründet“ sein müsse, damit der Tag „nicht nur um des Feiertags willen“ ins Leben gerufen werde.

Denn obwohl sich nicht nur Gewerkschaften, die Kirchen und auch der niedersächsische Landtagspräsident Bernd Busemann (CDU) für den zusätzlichen Feiertag ausgesprochen haben, gibt es an der Idee auch Kritik. Obwohl es im Norden tatsächlich weniger Feiertage gebe als im Süden, „sehen wir keine Notwendigkeit für einen weiteren Feiertag“, sagt Volker Müller von den Unternehmerverbänden Niedersachsen. „Für die Wirtschaft ist der internationale Vergleich entscheidend.“ Im Verhältnis zu anderen europäischen Ländern habe Deutschland mit die kürzesten Arbeitszeiten und die höchste Anzahl an Feiertagen. Mit jedem weiteren arbeitsfreien Tag werde sich Niedersachsen weiter von der Wirtschaftsleistung der anderen Bundesländer entfernen, meint Müller.

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Diese Position teilt auch der Arbeitgeberverband Niedersachsen Metall. „Die Löhne werden weiter gezahlt, aber es gibt keine Wertschöpfung“, sagt Verbandssprecher Christian Budde. Für einen Feiertag erwartet er Mehrkosten in Höhe von 80 Millionen Euro für die Metall- und Elektroindustrie in Niedersachsen.

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Die Ökonomen des Münchner Wirtschaftsforschungsinstituts IFO berechnen für einen Arbeitstag weniger einen Produktionsausfall von 0,1 Prozent vom deutschen Bruttoinlandsprodukt (BIP). Für Niedersachsen wären das bezogen auf 2016 rund 264 Millionen Euro. Doch das sind Schätzungen, denn es könnte auch Aufholeffekte geben, wenn Arbeitnehmer vor und nach einem freien Tag fleißiger sind.

Osterkarten kamen um das Jahr 1898 herum in Mode, ihre große Zeit war zwischen 1900 und 1918: Gerne wurden auf ihnen Hasen mit Eiern dargestellt, die Hasenpopulation übernahm aber auch andere Rollen wie etwa die der Akteure im Straßenverkehr; im Krieg wurden die Hasen zu Soldaten wie rechts unten auf der Feldpostkarte von 1915, gern abgebildet wurden aber immer auch Kinder als Symbole einer glücklichen Zukunft (oben, 1935) Fotos: Horst Rudel/imago (2), imago, dpa, Arkivi/imago

Die Debatte wird auch in Schleswig-Holstein verfolgt, denn kurz vor der Landtagswahl am 7. Mai hat die SPD die Forderung nach einem zusätzlichen Feiertag auch in ihr Wahlprogramm aufgenommen. Die Beschäftigten in Schleswig-Holstein sollten „zukünftig dauerhaft von einem gesetzlichen Feiertag profitieren“, heißt es dort.

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Egal, ob die Pläne in Niedersachsen, Bremen und Schleswig-Holstein umgesetzt werden, gibt es zumindest in diesem Jahr einen freien Tag mehr: Aus Anlass des 500. Reformationsjubiläums ist der 31. Oktober 2017 bundesweit ein Feiertag.

Mit Material von dpa