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Köln macht dicht – außer für Brautpaare

Protest Es wird eine der größten Antirassismusdemonstrationen der letzten Jahre: Rund um den AfD-Parteitag am Wochenende in Köln ist das Chaos vorprogrammiert. Die Polizei fürchtet gewaltbereite Blockierer

Der Kölner Heumarkt am Donnerstag: Der gläserne Eingang zu einem Parkhaus wird aus Furcht vor Steinwürfen mit Holz verschalt Foto: Oliver Berg/dpa

Von Martin Kaul

BERLIN taz | Egal wie viele Demonstranten und Blockaden es auch gibt, eines hat die Kölner Polizei versprochen: Wer am Samstag in Köln heiraten möchte, erhält Begleitschutz bis zum Standesamt. Es gibt eine Sammelstelle für Brautpaare und einen Escortservice ins Trauzimmer. Ansonsten gilt: Rund um den anstehenden Parteitag der AfD am Wochenende erlebt die Stadt einen Ausnahmezustand, wie sie ihn sonst nur zu Karneval kennt. Mit Dutzenden Veranstaltungen und Zehntausenden TeilnehmerInnen erwartet Köln die wohl größten deutschen Antirassismusdemonstrationen der letzten Jahre.

Dabei ist die Situation für die 4.000 Polizisten ähnlich unübersichtlich wie für die DemonstrantInnen, die aus nahezu allen gesellschaftlichen Spektren erwartet werden. Besonders im Fokus stehen mögliche Ausschreitungen und die angekündigten Blockaden, mit denen ein Bündnis aus linken und linksradikalen Gruppen die Zufahrtswege zum AfD-Parteitag versperren will.

Solche Blockaden kamen in der Vergangenheit als Formen zivilen Ungehorsams immer wieder zum Einsatz und sind nicht unbedingt illegal. Die Organisatoren rufen ihre Teilnehmer dabei auf, sich friedlich zu verhalten, allerdings auch, Polizeiketten „zu umfließen“. Seit es jedoch 2015 bei Blockaden der Europäischen Zentralbank in Frankfurt zu Ausschreitungen kam, sind die Behörden besonders sensibilisiert. Sie wollen allenfalls solche Blockaden dulden, die friedlich, vorübergehend und nur symbolischer Natur seien. Gegen Blockaden, die einen nötigenden Effekt hätten, werde jedoch schnell und konsequent eingeschritten, teilte die Polizei mit. Die Beamten rechnen außerdem mit einigen Hundert gewaltbereiten Demonstranten.

Auch unter AfD-Gegnern sind die Blockaden umstritten. So sagt Brigitta von Bülow aus dem Bündnis „Köln stellt sich quer“: „Wir finden Blockaden an der Stelle falsch. Die AfD ist nun einmal eine legale Partei und das müssen wir letztlich auch akzeptieren.“

Gauland ganz zahm

Einigkeit …Kurz vor ihrem Parteitag bemüht sich die AfD um Geschlossenheit. Vizechef Alexander Gauland signalisierte seine Zustimmung zu einem Antrag Frauke Petrys, im dem die Partei rechtsradikales Gedankengut ablehnen und koalitionsfähig gemacht werden soll. Gauland sagte, er halte das Papier zwar für Unsinn. „Aber wenn mein Name da rauskommt, kann man dem Antrag zustimmen.“ Er erklärte, er stehe weiter als Teil eines Spitzenteams zur Verfügung. Der Berliner AfD-Vorsitzende Georg Pazderski sagte, er werde Petrys Antrag mittragen.

und Streit …Am Vortag hatte Parteichefin Petry erklärt, auf einen Platz im Spitzenteam für den Bundestagswahlkampf zu verzichten.

und abwärts. Die Konflikte innerhalb der Partei mag der Wähler offenbar nicht. Bei einer Umfrage zur Landtagswahl in Schleswig-Holstein am 7. Mai verlor die AfD zwei Prozentpunkte und erreichte nur noch fünf Prozent. (rtr, taz)

Bei Großprotesten in der Vergangenheit hatte sich eigentlich eine klassische Arbeitsteilung entwickelt: Hier die Kinderwagen und Rentner, dort die blockadewilligen Heißblüter. Das brachte für Demonstranten und Polizei mehr Planungssicherheit – und hätte vielleicht auch in Köln funktioniert.

Ein Gerichtsbeschluss von Mittwoch bringt diese Ordnung jedoch durcheinander. Das Verwaltungsgericht Köln gestattete dem linken Bündnis „Köln gegen Rechts“, das die Blockaden unterstützt, den gleichen Kundgebungsort am Heumarkt zu nutzen wie das bürgerliche Bündnis „Köln stellt sich quer“. An dem Platz, der nur einen Steinwurf vom Tagungsort der AfD entfernt ist, werden auch Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker und NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft erwartet.

Für die Polizei, die mit einer Flugverbotszone über der Innenstadt und großflächigen Straßensperren plant, wird die Lage dadurch unübersichtlicher. Am Donnerstag einigten sich die zwei Bündnisse nun auf eine zeitliche Zweiteilung: Zwar nutzen beide den gleichen Kundgebungsort und die gleiche Demonstrationsroute – aber immer schön der Reihe nach (siehe Karte). Während das linke Spektrum seine Demonstration mit rund 15.000 erwarteten Teilnehmern bereits um 10.30 Uhr beginnen will, läuft das bürgerliche Bündnis mit mehreren Zehntausend erwarteten Teilnehmern erst gegen 14 Uhr hinterher.

Bis dahin wird sich in der Stadt bereits ein buntes Protestszenario entwickelt haben. Schon ab 7 Uhr wollen Blockierer mit mehreren Tausend Menschen von fünf unterschiedlichen Treffpunkten aus in Richtung AfD strömen, unter anderem mit einem Fahrradkorso.

Unabhängig davon, was rund um den Tagungsort der AfD passiert, haben zahlreiche Kölner Gruppen und Vereine ganz eigene Veranstaltungen geplant: So kommen im Westteil der Stadt am Nachmittag die Kölner Karnevalsvereine zusammen, im Süden die KG Ponyhof, auf dem Rhein wird die Wasserschutzpolizei Wache halten – beim „Rudern gegen Rechts“.

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