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Im Zeichen der Solidarität

Reaktionen Nach dem Anschlag auf den Mannschaftsbus der Borussen heißt es im Ruhrpott: Jetzt erst recht zusammenhalten

von Johannes Kopp

BERLIN taz | „Wir spielen heute nicht nur für uns. Wir spielen für alle. Egal ob Borusse, Bayer oder Schalker. Wir wollen zeigen, dass Terror und Hass unser Handeln niemals bestimmen dürfen.“ Das war die Botschaft, die der Geschäftsführer der Borussen, Joachim Watzke, am Tag nach dem Anschlag gegen den Mannschaftsbus an seine Profis und die Fans richtete: Man werde „vor dem Terror nicht einknicken“.

Bis Mittwochnachmittag blieb die Nachrichtenlage reichlich diffus, ehe die Bundesanwaltschaft vor Journalisten erste Ermittlungsergebnisse bekannt gab: Man gehe von einem terroristischen Hintergrund mit islamistischen Bezügen aus, hieß es da. Ein Mann sei festgenommen worden. Zuvor lagen zwei Bekennerschreiben mit islamistischem und Antifa-Bezug vor.

Angesichts dieser Unsicherheit trainierte die Mannschaft an diesem Tag unter dem Schutz zahlreicher Einsatzkräfte der Polizei, die den Spielort weiträumig absicherten. Bundeskanzlerin Angela Merkel verurteilte in einem Telefongespräch mit Borussen-Chef Watzke den Anschlag als „widerwärtig“ – und auch von anderen Politikern kamen immer wieder Aufrufe zu Solidarität und Geschlossenheit.

Für den Studenten Ruben Drückler war eines an diesem Mittwoch – wie für viele Fans – völlig klar: Er werde auf jeden Fall zu dem für den Abend neu angesetzten Heimspiel der Champions League gegen den AS Monaco ins Dortmunder Stadion gehen.

Drückler, der aus Bochum angereist kam, war am Tag zuvor bereits in der Arena durch sein Smartphone über die Explosion am Dortmunder Mannschaftsbus informiert worden – lange bevor der Stadionsprecher die Spielabsage verkündete. Die Sprengsätze, die in einer Hecke gezündet worden waren, hatten Scheiben des Busses bersten lassen. Borussen-Verteidiger Marc Bartra (siehe Seite 2) musste noch am Dienstagabend im Krankenhaus operiert werden; ein Polizist erlitt ein Knalltrauma.

Für den Bochumer Studenten Drückler war es „schon etwas komisch“, wie er sagte, innerhalb so kurzer Zeit zum zweiten Mal zur selben Partie nach Dortmund aufzubrechen. „Das ist für mich aber auch eine ­Solidaritätsangelegenheit, um ­unseren sicherlich noch geschockten Spielern den Rücken zu stärken.“

Viele Anhänger des AS Monaco fanden bei Twitter über den Hashtag #bedforawayfans Schlafplätze. Fünf von ihnen landeten im Bochumer Elternhaus Drücklers, der die völlig erschöpften Franzosen kurz in der Nacht zum Mittwoch zu sich geholt hatte. Dort konnte sich der unerwartete Besuch aus Lille auf ein schnell bereitetes Matratzenlager betten. „Richtig gesprochen“ habe man erst am nächsten Tag, berichtet Drückler: „Da habe ich sie auf den neuesten Informationsstand zum Anschlag gebracht.“ Außerdem habe er ­ihnen ein paar Tipps für die Stadtbesichtigung in Dortmund gegeben.

Das Zusammenrücken der großen Fußballcommunity in Dortmund produzierte gar flüchtige Internetberühmtheiten. Ein Foto, das ein Dortmunder Fan von seinen Gästen aus Monaco in den sozialen Netzwerken postete, wurde tausendfach geteilt.

„Eigentlich heißt es ja, tue Gutes und rede nicht darüber, aber das war nicht möglich“

Ute Uhlenkott, Hotel zur Post, Lüdinghausen

Das Hotel zur Post in Lüdinghausen, das etwa 30 Kilometer vom Dortmunder Stadion entfernt liegt, bekam am Mittwoch Besuch von fünf Kamerateams, berichtet Ute Uhlenkott, die Tochter des Hotelbesitzers. Die Journalisten hätten alle die fünf französischen Gäste ins Visier nehmen wollen, die gratis übernachten durften. „Eigentlich heißt es ja, tue Gutes und rede nicht darüber, aber das war nicht möglich“, sagt Uhlenkott. Die Begegnung mit den französischen Gästen sei auch ohne Sprachkenntnisse sehr herzlich gewesen. Man habe sich zwar nicht groß austauschen können, dafür aber einfach umarmt.

Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) lobte über Twitter, dank #bedforawayfans gebe es jetzt schon jede Menge Gewinner. Kanzlerin Merkel hob die „großartige Solidarität“ ­hervor.

Borussia Dortmund hat offenbar über Nacht viele neue Sympathisanten gewonnen: Martin Schulz, SPD-Kanzlerkandidat und bekennender Fan des 1. FC Köln, präsentierte sich auf seinem Facebook-Account mit einem Schal von Borussia Dortmund.

Die Anhänger von Monaco und Dortmund fühlten sich nach dem Anschlag freundschaftlich besonders verbunden, heißt es in der Fan­gemeinde. Unmittelbar nach der Spielabsage am Dienstag hatten die Fans aus Frankreich im Stadion bereits „Dortmund, Dortmund“- Sprechchöre angestimmt. Und Ruben Drückler hat sich mit seinen Übernachtungsgästen aus Frankreich noch mal auf ein Bier verabredet.

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