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Terroralarm in Essen

SICHERHEIT Die Polizei sucht nach einem mutmaßlichen vereitelten Anschlag in Essen nach den Tätern. Der Drahtzieher soll in Syrien sitzen – und aus Oberhausen stammen

Der mutmaßliche Anschlagsplaner ist für die Sicherheits­behörden „ein alter Bekannter“

Aus Berlin Konrad Litschko

Die Attentäter sollten am Samstag zuschlagen, im Einkaufszentrum „Limbecker Platz“: In Essen hat die Polizei nach eigenen Angaben einen Terroranschlag verhindert. Nun sucht sie nach den Tatbeteiligten.

Ein noch am Samstag in einem Oberhausener Internetcafé Festgenommener wurde nach seiner Befragung am Abend wieder freigelassen. Die Untersuchungen der bei ihm beschlagnahmten Gegenstände dauerten an, teilte die Polizei mit. Ein zweiter Oberhausener wurde am Sonntag noch befragt. Beide Männer sollen aber keine Tatverdächtigen sein, sondern Kontaktpersonen des mutmaßlichen Drahtziehers.

Es habe „ganz konkrete Hinweise“ zu einem Anschlag auf das Einkaufszentrum gegeben, sagte Essens Polizeipräsident Frank Richter. Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums bestätigte, dass diese vom Bundesamt für Verfassungsschutz abgefangen wurden.

Am frühen Samstagmorgen hatte die Polizei deshalb das Einkaufszentrum – mit mehr als 200 Läden eines der größten in Deutschland – abgeriegelt. Den ganzen Tag lang hatten sich Beamte mit Maschinenpistolen und schusssicheren Westen davor postiert, andere durchsuchten den Komplex. Auch das Gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum in Berlin war in den Einsatz eingebunden.

Nach taz-Informationen steckt hinter dem Anschlagsplan ein Islamist aus Oberhausen, der 2015 nach Syrien auswanderte und sich dort der Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) anschloss. Von einem „alten Bekannten“ war in Sicherheitskreisen die Rede. Per Facebook-Messenger habe dieser versucht, zwei Täter zu dem Anschlag in Essen zu motivieren. Auch Anleitungen zum Bombenbau habe er übermittelt.

Für seinen Anschlagsplan wurde der Mann sehr konkret: Er nannte explizit das Essener Einkaufszentrum und selbst die Uhrzeit am Samstag. Dass die Sicherheitsbehörden solche genauen Informationen abfangen, ist selten.

Ralf Jäger (SPD), Innenminister von Nordrhein-Westfalen, sagte am Sonntag, die Behörden hätten „sehr umsichtig, konsequent und frühzeitig reagiert“. Es lägen keine Hinweise vor, dass der Anschlag bereits konkret vorbereitet wurde. „Die weiteren Ermittlungen werden jetzt mit Hochdruck fortgeführt, um die genauen Hintergründe aufzuklären.“

Nach den Festnahmen in Oberhausen zogen Polizisten am Samstag vorsichtshalber auch vor der dortigen „Centro“-Einkaufspassage auf. Als Grund nannte ein Polizeisprecher „den lokalen Bezug und die generelle Eignung als Ziel eines Anschlags“.

Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen hatte erst kürzlich von einer hohen Terrorgefahr gesprochen. Der IS habe Deutschland als Anschlagsziel zuletzt „deutlich höher priorisiert“ als in früheren Jahren. Die Hinweise auf Angriffe, die sein Amt erhalte, hätten sich seit 2013 verdreifacht, so Maaßen. Ein Anschlag sei „jederzeit möglich“.

Erst im Dezember hatte der Tunesier Anis Amri den bisher schwersten islamistischen Anschlag in Deutschland begangen: Mit einem Lkw fuhr er in den Weihnachtsmarkt auf dem Berliner Breitscheidplatz und tötete zwölf Menschen.

Zuvor hatte es mehrere Terroralarme gegeben, bei denen bis heute unklar ist, wie konkret die Gefahr war. In Hannover wurde ein Fußballländerspiel abgesagt, in Braunschweig der Karneval, in Dresden ein Pegida-Aufzug und in München der Hauptbahnhof geräumt.

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