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heute in Bremen„Oft auch resigniert“

TALKRUNDE Belladonna und die Hochschule reden über „Leben 4.0 – Lebensentwürfe junger Frauen“

Maren Steinert

23, studiert Politikwissenschaften und arbeitet als studentische Mitarbeiterin beim Verein Belladonna.

taz: Frau Steinert, Sie sind eine von vier jungen Frauen, die auf dem Podium von ihren Zukunftsplanungen erzählen werden. Inwiefern spielt dabei das „Leben 4.0“, also die Digitalisierung, eine Rolle?

Maren Steinert: Für mich persönlich spielt sie eine große Rolle: Für mich war schon früh klar, dass ich Kinder möchte, gern auch drei bis vier, aber gleichzeitig bin ich auch beruflich ehrgeizig und möchte auf jeden Fall arbeiten – aber ich merke immer mehr, wie schwer das alles vereinbar ist. Die Digitalisierung bietet da auf jeden Fall Möglichkeiten in Form von selbständiger Tätigkeit, Arbeiten im Home Office und flexiblen Arbeitszeiten.

Aber sollte nicht der Wandel der Arbeitswelt, sondern eine familiengerechtere Politik dafür sorgen, dass Familie und Beruf vereinbar sind?

Ja, selbstverständlich. Die Grundbedingungen müssen sich ganz klar ändern. Aber ausgehend von den jetzigen Bedingungen ist die Digitalisierung für mich sozusagen notgedrungen eine Chance.

Das gilt aber nicht für alle: Vor allem Frauen arbeiten in Bereichen wie dem Handel oder der Gastronomie – ein Arbeitsmarktsektor, an dem Digitalisierung und ihre Möglichkeiten weitestgehend vorbeigehen …

Genauso wie bei der Familienpolitik muss man hier ein paar Schritte zurückgehen und sich fragen: Warum ist das System so, wie es ist? Warum sind es so viele Frauen, die überhaupt in diesen Bereichen und im Niedriglohnsektor arbeiten? Hier geht es um strukturelle Probleme, die natürlich unbedingt angegangen werden müssen.

Ist es ein Ausdruck von Resignation, wenn sich junge Frauen ins Private zurückziehen und für sich das Beste aus dem Fortschritt in der Arbeitswelt machen?

Ja und nein. Ich habe einen Partner, der seine Kinder später einmal gleichberechtigt erziehen will. Es ist in meiner Generation normal, dass Männer ihre Kinder genauso erziehen wollen wie Frauen. Aber in der Arbeitswelt sitzen uns dann Frauen und Männer gegenüber, die 50 Jahre alt sind oder älter und zumindest oft ein völlig anderes Rollenverständnis haben. Das ist also auch ein Generationenkonflikt. Und da bin ich oft auch resigniert, ja. Anders herum fühle ich mich aber auch angespornt, mich nicht in diese Maschinerie einzufügen – und ich tue das auch nicht.

Sehen Sie auch Nachteile im „Leben 4.0“?

Für die Chancengleichheit sehe ich, ehrlich gesagt, keine. Aber: Die Arbeitszeiten werden dabei natürlich verwischt, man läuft Gefahr, dauernd erreichbar sein zu müssen, Flexibilität wird natürlich auch andersherum eingefordert – das kann möglicherweise auch übergriffig werden.

INTERVIEW Simone Schnase

19 Uhr, Impulsreferat mit anschließender Talkrunde, Konferenzzentrum Radio Bremen im Weser-Haus

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