: Wieder was gelernt
Praxis Studierende der Hochschule Bremen haben Menschen in Wohnungsnot und Obdachlosigkeit befragt. Es war ihr erster Ausflug in die Praxis – jetzt soll ihre Arbeit politischer werden
Gerald Grüneklee, angehender Sozialarbeiter
Eine „aktivierende Befragung“ haben 35 Studierende der Hochschule Bremen unter Menschen in Wohnungsnot und Obdachlosigkeit durchgeführt. In insgesamt 110 offenen Gesprächen, die zwischen zwei Minuten und über eine Stunde dauerten, wollten die angehenden SozialarbeiterInnen mehr über die Lebenswirklichkeit sowie die Sorgen, Ängste und Wünsche der Betroffenen erfahren.
Für die Studierenden, die allesamt im dritten Semester des Studiengangs „Soziale Arbeit“ eingeschrieben sind, war es nach eigenen Angaben „der erste Praxiskontakt im Rahmen des Studiums“.
Konkrete Ergebnisse wie etwa Zahlen und Statistiken präsentierten die Studierenden nicht; auch ein weitergehendes Engagement soll aus dem Projekt nicht folgen, zumindest nicht im Rahmen ihrer Ausbildung. Immerhin: „Der Kontakt mit Wohnungslosen hat ziemlich was ausgelöst“, beschreibt der angehende Sozialarbeiter Gerald Grüneklee den Prozess der Selbstreflexion.
Durch die Gespräche etwa mit BewohnerInnen der Vonovia-Schlichtsiedlungen oder auch Obdachlosen am Straßenbahndepot in Gröpelingen sei den Studierenden klargeworden: Obgleich Wohnungsnot und Obdachlosigkeit gesellschaftliche Ursachen haben, werde die Problematik individualisiert – „so nach dem Motto: Pech gehabt!“, sagt Grüneklee. Soziale Arbeit bedeute meistens: „Wir flicken das, was vorher kaputtgemacht wurde“, beschreibt Grünklee das Sozialarbeiter-Selbstverständnis und fordert: „Das Arbeitsfeld muss wieder stärker politisiert werden.“
Wohnen sei ein Grundbedürfnis, Wohnungsnot müsse bekämpft anstatt nur verwaltet werden. Ihre eigene Aufgabe als künftige SozialarbeiterInnen sehen die Studierenden daher vor allem in präventiven Ansätzen: „Die Leute dürfen gar nicht erst in den freien Fall geraten.“ Karolina Meyer-Schilf
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