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Milliardär wohl aus Hongkong verschleppt

CHINA In Hongkong verschwundener Milliardär taucht in der Volksrepublik „als Zeuge“ wieder auf

AUS PEKING Felix Lee

Vor einem Jahr waren es fünf Buchhändler – nun haben chinesische Agenten einen Milliardär aus der südchinesischen Sonderverwaltungszone Hongkong zum Verhör in die kommunistisch regierte Volksrepublik mitgenommen. Xiao Jianhua (geschätztes Vermögen: fünf Milliarden US-Dollar) wurde fast eine Woche lang vermisst. Nun bestätigt sich, dass chinesische Agenten den 45-Jährigen am 27. Januar in einem Hongkonger Luxushotel aufgesucht und kurz darauf mit ihm die Grenze zur Volksrepublik überquert haben.

Die Exkronkolonie ist zwar seit 1997 ein Teil Chinas, hat aber einen Sonderstatus mit unabhängigem Rechtssystem und eigener Polizei. Hongkongs Verwaltung bestreitet eine Beteiligung. Geboren wurde der Milliardär zwar in China, besitzt aber die Staatsbürgerschaft Kanadas und hat einen Diplomatenpass des Karibikstaates Antigua und Barbuda. Seit 2014 lebt Xiao in Hongkong. Auch Kanadas Behörden wurden nicht informiert.

Zu Wochenbeginn veröffentlichte seine in Peking ansässige und im Finanzgeschäft tätige Firma Tomorrow-Group auf dem chinesischen Kurnachrichtendienst WeChat zwei Tweets. Darin wurde versichert, dass Xiao „nicht verschleppt“ wurde, sondern sich zur Behandlung „im Ausland“ befinde.

Am Mittwoch erschien auf der Titelseite der Hongkonger Zeitung Ming Pao eine Anzeige in Xiaos Namen mit einem Treue­bekenntnis zur Kommunistischen Partei: „Ich habe die Partei und das Land immer geliebt“, heißt es darin. Und weiter: „Ich glaube persönlich daran, dass die chinesische Regierung zivilisiert und rechtsstaatlich ist.“

Laut der Hongkonger South China Morning Posthat sich Xiao inzwischen bei Familienangehörigen gemeldet. Gegen ihn selbst würden Chinas Behörden nicht vorgehen, sondern er würde nur als „Zeuge“ zum Absturz der Shanghaier Börse 2015 befragt, heißt es. Unter welchen Umständen er jedoch nach China gebracht wurde, ist weiter unklar.

Chinas Führung unter Staats- und Parteichef Xi Jinping geht seit vier Jahren mit einer großen Kampagne gegen Korruption vor. Laut der amtlichen Nachrichtenagentur Xinhuahat Chinas Staatsapparat seitdem fast 1,2 Millionen Ermittlungsverfahren durchgeführt. Allein 2016 seien 410.000 Funktionäre bestraft worden, davon 76 auf Ministerebene. Auch im Ausland geht Chinas Führung gegen korrupte Landsleute vor. Peking hat eine Reihe von Regierungen dafür gewonnen, mit Chinas Sicherheitsapparat zu kooperieren.

In Xiaos Namen erscheint plötzlich Anzeige mit Treue­bekenntnis zur KP

Dass Xiao im Besitz eines Diplomatenpasses eines Karibikstaates ist, lässt aufhorchen. Anonyme Quellen hatten 2014 Journalisten Millionen Daten der in Panama ansässigen Finanzkanzlei Mossack Fonseca zugespielt. Sie gaben Aufschluss über Steuerflucht und Geldwäsche zahlreicher Politiker und Vermögender aus aller Welt. Fast ein Drittel der Kunden dieser Kanzlei stammt demnach aus China oder Hongkong.

In Chinas zensierten Staatsmedien waren die Panama Papers kaum Thema. Das dürfte daran liegen, dass nicht nur chinesische Geschäftsleute Briefkastenfirmen in Panama betreiben und so ihr Vermögen verschleiern, sondern auch Angehörige chinesischer Spitzenpolitikern, darunter der Schwager von Staatschef Xi. Auch dazu äußerte sich Chinas Führung nicht.

Im Fall Xiaos stellen Hongkongs Sicherheitsbehörden nun klar: Es werde „nicht zugelassen, dass Sicherheitskräfte von außerhalb Hongkongs in Hongkong tätig werden“. Das hatten sie allerdings auch vor einem Jahr schon erklärt, als fünf Buchhändler, die chinakritische Literatur vertrieben, plötzlich verschwanden. Auch sie tauchten später in der Volksrepublik auf und legten öffentliche Geständnisse ab, die viele Hongkonger für erzwungen halten.

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