Diskriminierung bei der Bundeswehr: AfD-Mann drohte Disziplinarverfahren
Der Landespolitiker Uwe Junge soll als Soldat eine lesbische Untergebene gedemütigt haben. Durch sein Mandat entging er einem Disziplinarverfahren.
Die Vorwürfe gehen aus dem Jahresbericht 2016 hervor, den der Wehrbeauftragte Hans-Peter Bartels (SPD) am Dienstag veröffentlichte. Darin heißt es: „In einem Fall wurde eine lesbische Soldatin durch Äußerungen ihres Vorgesetzten diskriminiert. So sagte er zum Beispiel: ‚Sie können ja sogar wie eine Frau aussehen‘ und ‚Ehe und Familie sind in Artikel 6 Grundgesetz besonders geschützt: Mutter + Vater + Kinder; die Nation braucht deutsche Kinder.‘“ Auf ein gerichtliches Disziplinarverfahren habe die Bundeswehr nur verzichtet, weil der beschuldigte Vorgesetzte kurz darauf ohnehin „zur Wahrnehmung eines politischen Amtes“ freigestellt worden sei.
Der Name Uwe Junge fällt in dem Bericht zwar nicht. Die Allgemeine Zeitung aus Mainz meldete aber am Mittwoch mit Verweis auf interne Bundeswehr-Unterlagen, dass es sich bei dem Vorgesetzten um den AfD-Politiker handle. Die Meldung deckt sich mit Informationen der taz.
Junge selbst wollte sich auf eine entsprechende Anfrage nicht zu den Vorwürfen äußern. „Ich sage zu dienstlichen Dingen aufgrund der Verschwiegenheitspflicht nichts“, ließ er seinen Pressesprecher ausrichten. Mehr nicht.
Das Verteidigungsministerium kommentierte den Vorfall auf Anfrage ebenfalls nicht. Ministerin Ursula von der Leyen (CDU) hatte allerdings schon vor Monaten angekündigt, die Akzeptanz Homosexueller in der Bundeswehr steigern zu wollen. Dieser Schritt soll der chronisch unterbesetzten Armee unter anderem helfen, sich als moderner Arbeitgeber zu präsentieren und neues Personal zu gewinnen.
Workshop für Generäle
Für kommenden Dienstag hat von der Leyen führende Bundeswehrvertreter zu einem Workshop „Sexuelle Orientierung und Identität in der Bundeswehr“ eingeladen. In Folge der Veranstaltung will sie „Grundsatzdokumente zum Thema Vielfalt“ erarbeiten lassen.
Der AfD sind solche Maßnahmen zuwider. Im rheinland-pfälzischen Landtagswahlkampf hatte die Partei mit Junge als Spitzenkandidat für das „Leitbild der Familie aus Vater, Mutter und Kindern“ geworben. Andere Familienformen, „die keinen reproduktiven Beitrag zum Erhalt unseres Landes leisten“, verdienten keine staatlichen Förderungen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anschlag in Magdeburg
Auto rast in eine Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt
Wahlprogramm von CDU und CSU
Der Zeitgeist als Wählerklient
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Vieles deutet auf radikal-islamfeindlichen Hintergrund hin
Kretschmer als MP von Linkes Gnaden
Neuwahlen hätten der Demokratie weniger geschadet
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen