Terror-Anschlag in Berlin: V-Mann fuhr Amri in die Stadt
Ein Untersuchungsausschuss soll klären, was im Fall Anis Amri alles falschgelaufen ist. Geheimdienstkontrolleure des Bundestages beraten am Montag.
Die Bundestags-Opposition will wissen, ob die Informationsgewinnung aus der Islamistenszene Vorrang vor der Gefahrenabwehr hatte. Die Grünen verlangen deshalb in einer Sondersitzung des Parlamentarischen Kontrollgremiums weitere Auskünfte über mögliche Geheimdienstverbindungen Amris.
Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) hatte vergangenen Donnerstag Fehler im Umgang der Behörden mit Amri eingeräumt. Warum die Tat nicht verhindert werden konnte, obwohl Amri den Behörden bis hin zum Terrorabwehrzentrum bekannt war, werde aufgearbeitet. Innenminister Thomas de Maiziere wird nach einem Bericht der Bild am Sonntag am Mittwoch einen Bericht über den Ablauf des Anschlags auf dem Breitscheidplatz mit zwölf Toten vorlegen.
Dass Amri V-Mann des Verfassungsschutzes war, hatte sein Ministerium dementiert, ebenso das NRW-Innenministerium. Medien hatten zuvor die Frage aufgeworfen, ob eine Zusammenarbeit mit dem Verfassungsschutz vielleicht die Erklärung dafür sein könnte, dass Anis Amri von den Sicherheitsbehörden nicht rechtzeitig gestoppt wurde.
Kauder sagte, mit einem Untersuchungsausschuss könnten mögliche Koordinationsprobleme oder Pannen zwischen Bundes- und Länderbehörden aufgeklärt werden. „Ich bin offen, wenn man meint, da müsse man noch Dinge aufklären, dass wir einen solchen Ausschuss einrichten“, sagte er nach einer CDU-Vorstandsklausur. Einen Sonderermittler lehnte er ab, weil dieser kein Instrument der parlamentarischen Kontrolle sei. „Sonderermittler Nein, Untersuchungsausschuss aus meiner Sicht möglich“, sagte Kauder.
Offen für Untersuchungsausschuss
Auch Bundesinnenminister Thomas de Maiziere zeigte sich offen für die Einrichtung eines Untersuchungsausschusses und sagte seine Unterstützung zu. Eine Entscheidung solle rasch getroffen werden, sagte er. „Ich werde den Ausschuss mit voller Kraft unterstützen.“
Zu Berichten, dass Amri V-Mann des nordrhein-westfälischen Verfassungsschutzes gewesen sein könnte, wollte sich Kauder nicht äußern. Der Grünen-Abgeordnete Hans-Christian Ströbele hatte in einer Anfrage an die Bundesregierung nach einer V-Mann-Tätigkeit Amris gefragt. In der von Ströbele veröffentlichten Antwort wird eine offene Beantwortung der Frage wegen der Geheimhaltung nachrichtendienstlicher Arbeit abgelehnt.
„Er war kein V-Mann“
Das Nachrichtenmagazin Der Spiegel berichtete, ein V-Mann des NRW-Verfassungsschutzes aus der Islamistenszene habe Amri mindestens einmal nach Berlin gefahren. Darüber habe das Bundesinnenministerium Mitgliedern des Innenausschusses in der vergangenen Woche berichtet. Amri selbst soll aber kein Spitzel gewesen sein. „Er war kein V-Mann“, zitierte das Magazin einen Sprecher des Landesinnenministeriums in Düsseldorf.
SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann sagte, alle seien sich einig, dass der Fall Amri umfassend aufgeklärt werden müsse. Dabei könne auch über einen Untersuchungsausschuss geredet werden. „Allen muss aber klar sein, dass dies ein langwieriges, monatelanges Verfahren werden wird“, sagte er der Bild am Sonntag. Ein Sonderermittler sei das wirksamere Instrument. Dieser könne einen ersten Bericht in sechs Wochen vorlegen: „Dann können wir Sicherheitslücken auch schnell schließen.“ Auch die FDP-Fraktion im NRW-Landtag forderte einen Sonderermittler.
Der Vize-Fraktionschef der Linken, Frank Tempel, sagte: „Es gibt eine Menge Indizien, dass da etwas faul ist.“ Alle Sicherheitsbehörden des Bundes und der Länder NRW und Berlin müssten offenlegen, ob und wie weit sie Amri als Quelle oder sogar als V-Mann genutzt hätten, sagte er der Bild am Sonntag.
Die Welt am Sonntag berichtete, Amri habe regelmäßig Ecstasy und Kokain konsumiert und seinen Lebensunterhalt weitgehend als Drogendealer verdient. Schon in seinem Heimatland sei er wegen Drogendelikten aufgefallen. Das gehe aus dem Sachstandsbericht hervor, mit dem sich das Parlamentarische Kontrollgremium des Bundestages am Montag befassen solle. Auch in Berlin verkaufte der Tunesier demnach Drogen.
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