: Höcke darf bleiben – vorerst
ZOFF Der AfD-Bundesvorstand wirft dem Thüringer Rechtsaußen vor, der Partei geschadet zu haben, und beschließt Sanktionen. Welche, bleibt erst mal offen
Aus Berlin Sabine am Orde undKonrad Litschko
Es wurde noch einmal hitzig. Drei Stunden telefonierte der elfköpfige AfD-Bundesvorstand am Montag über die Causa Björn Höcke. Am Ende stand ein Beschluss: Der Rechtsaußen habe mit seiner Dresdener Rede „dem Ansehen der Partei geschadet“. Die Einleitung von Ordnungsmaßnahmen sei deshalb „erforderlich“. Welche, das lässt der Vorstand nun juristisch prüfen.
Bis zum Schluss hatten sich drei Mitglieder im Bundesvorstand dagegen gestemmt – AfD-Co-Chef Jörg Meuthen, Vize Alexander Gauland und Beisitzer André Poggenburg. Ihr Erfolg: Noch am Freitag hatte sich der Vorstand mehrheitlich für einen Parteiausschluss Höckes ausgesprochen. Mit der Entscheidung vom Montag bleibt das Ende nun offen. Von einer relativ folgenlosen Abmahnung über eine Amtsenthebung bis zum Parteiausschluss ist alles möglich.
AfD-Bundeschefin Frauke Petry, die auf einen Rauswurf Höckes gedrängt haben soll, wiederholte, der Thüringer sei zur „Belastung“ für die AfD geworden. Von einer „unsäglichen, rückwärtsgewandten Debatte“ war im Vorstand die Rede. Höcke-Freund Poggenburg sagte dagegen, er halte Höckes Rede zwar nicht für zielführend, aber auch nicht parteischädigend. Es laufe nun auf eine Abmahnung hinaus. „Ich gehe davon aus, dass das Parteiausschlussverfahren vom Tisch ist.“
Höcke selbst äußerte sich am Nachmittag mit einer Gegenattacke. Er begrüße, dass auf ein Parteiausschlussverfahren verzichtet werde. „Mit Sorge“ sehe er aber, wie seine Rede „für innerparteiliche Machtkämpfe missbraucht wurde“.
Für Höcke sind die Vorwürfe nicht neu: Schon 2015 hatte ihm der Bundesvorstand zweimal parteischädigendes Verhalten vorgeworfen. Er kam folgenlos davon. Diesmal hatte sich Höcke über das Holocaustmahnmal in Berlin beklagt. Deutschland sei „das einzige Volk der Welt, das sich ein Denkmal der Schande in das Herz seiner Hauptstadt gepflanzt hat“. Das Land brauche eine „erinnerungspolitische Wende um 180 Grad“.
André Poggenburg, AfD-Vorstand
Es werde jetzt geprüft, was gegen Höcke juristisch möglich sei, sagte Bundesvorstandsmitglied Dirk Driesang. „Es nützt ja nichts, politisch recht zu haben, und am Ende scheitert man am Bundesschiedsgericht.“ Tatsächlich hatte das Gericht zuletzt mehrere Beschlüsse des Vorstands kassiert. Darunter einen, den saarländischen Landesverband wegen rechtsextremer Kontakte aufzulösen.
Und Höcke hat in der Partei weiter seine Anhänger. In Thüringen war er im Oktober mit 93 Prozent als Landeschef wiedergewählt worden. In einer Erklärung stellten sich der Landesvorstand und die Fraktion hinter Höcke. Von einer „Zerstörungswut“ gegen „unbequeme Politiker“, sprach die Thüringer Fraktionsvize Wiebke Muhsal.
Auch Höckes rechte Parteigruppe Der Flügel, die laut Bundeschef Meuthen ein Fünftel der Parteimitglieder umfasst, appellierte, die „Vielfalt“ in der Partei zu wahren. „Wir stehen zu Björn Höcke.“
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