Kanadas neuer Einwanderungsminister: Vom Flüchtling zum Vorzeigepolitiker
Ahmed Hussen hat das Einwanderungssystem Kanadas selbst durchlaufen. Jetzt wird er zu einem der ranghöchsten Regierungsmitglieder.
Ein gebürtiger Somali muslimischen Glaubens zuständig für Asyl und Einwanderung? Das gibt es nur in Kanada. Tatsächlich ist Ahmed Hussen der erste Kanadier somalischer Herkunft, der zu einem der ranghöchsten Regierungsposten aufsteigt – und damit auch zum Vorzeigepolitiker im Mulitikulti-Kabinett von Premierminister Justin Trudeau.
Das hätte Hussen, 40, wohl kaum zu träumen gewagt, als er vor 24 Jahren als Flüchtling nach Toronto gekommen war. Gereist war er ganz allein in ein fremdes Land, dessen Sprachen er kaum mächtig war, noch traumatisiert von den Straßenkämpfen in seiner Heimatstadt Mogadischu, vom Anblick hungernder Menschen und überfüllter Flüchtlingslager.
Auch sein Start in Kanada war alles andere als rosig. Als Neuankömmling hatte Hussen anfangs keinen sicheren Aufenthaltsstatus, kein Geld und keine Wohnung, weswegen er zur Schulzeit bei wechselnden Verwandten unterkam. Später jobbte er an einer Tankstelle.
Doch nach und nach griffen die Integrationsprogramme, für die Kanada weltweit gerühmt wird. Sie halfen Hussen auf die Erfolgsspur. Er bekam eine Sozialwohnung, einen Studienkredit, nahm an Sprachkursen teil und bestand die Aufnahmeprüfung zur Hochschule, wo er Jura studierte. Als Anwalt setzte er sich danach für die Belange von Einwanderern und Flüchtlingen ein. „Asylsuchende sind keine Kriminellen. Es sind Menschen, die unsere Hilfe benötigen“, ist er überzeugt.
Vor gut einem Jahr wurde der dreifache Vater erstmals ins Parlament gewählt. Als Einwanderungsminister muss Hussen die Integration der rund 40.000 syrischen Flüchtlinge organisieren, die Kanada seit dem Amtsantritt Trudeaus aufgenommen hat. Dazu kommen jene rund 300.000 Einwanderer, die Kanada jedes Jahr mittels eines Punktesystems ins Land lässt.
Doch Hussen ist darauf gut vorbereitet. Er hat das Einwanderungssystem Kanadas selbst Schritt für Schritt durchlaufen, kennt die Herausforderungen aus persönlichem Erleben und weiß am besten, welche Unterstützung die Neuankömmlinge benötigen. Auch anderen Zuwanderern zu helfen, das sieht er als seine Pflicht an.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen
Leak zu Zwei-Klassen-Struktur beim BSW
Sahras Knechte
Friedensforscherin
„Wir können nicht so tun, als lebten wir in Frieden“
Nach Hitlergruß von Trump-Berater Bannon
Rechtspopulist Bardella sagt Rede ab
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße
Bildungsforscher über Zukunft der Kinder
„Bitte nicht länger ignorieren“