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Unverbremt: Gaby Mayr über das Bremer Tabak-CollegiumKein Ende der Bremer Männerbünde

Beim Shani-Tempel in Indien ist man weiter als im Bremer Rathaus: Im Hindu-Schrein sind seit diesem Jahr Frauen zugelassen. In der Oberen Rathaushalle, Teil des Weltkulturerbes Bremens, darf das Bremer Tabak-Collegium (BTC) am kommenden Donnerstag erneut sein Treffen abhalten – obwohl Frauen ausgeschlossen sind.

Die Raumvergabe an den Herrenclub widerspricht zwar einem Bürgerschaftsbeschluss von 2013, wonach „erwartet“ wird, dass Veranstalter bremischer Traditionsfeiern künftig „gleichermaßen Männer wie Frauen willkommen heißen“, aber das Rathaus beruft sich auf „Vergaberichtlinien“. Die verlangen allerdings, dass „die Veranstaltung der Würde des Rathauses als Symbol der demokratischen Bürgergemeinde der Freien Hansestadt Bremen (…) gerecht wird“. Da das Grundgesetz seit 1949 in Kraft ist und das Antidiskriminierungsgesetz auch schon seinen zehnten Geburtstag gefeiert hat, müsste die Rathauspforte fürs BTC längst geschlossen bleiben.

Auf Nachfrage verweigert die Senatspressestelle Auskunft darüber, wie die erneute Entscheidung zugunsten des BTC zustande kam. Das präsentiert sich einigermaßen dreist als „Traditionsveranstaltung“ wie die Schaffermahlzeit. Dabei wurde es erst in den 1950er-Jahren von der Bremer Tabakindustrie ins Leben gerufen. Und während das Schaffermahl seit Kurzem auch Frauen einlädt, bleibt man beim BTC unter sich. Die meisten Teilnehmer kommen aus Bremen, darunter etliche sehr regelmäßig, etwa die Herren der Bremer Sparkasse.

Die Diskriminierung führt dazu, dass zwar der Leiter des Gerhard-Marcks-Hauses, Arie Hartog, schon beim BTC war, aber Wiebke Ahrndt, Chefin des Überseemuseums, keine Chance auf eine Einladung hat. Und Konrad Elmshäuser, der eher unauffällige Leiter des Staatsarchivs, macht gerne mal mit beim BTC, während für die bundesweit renommierte stellvertretende ­Unirektorin Yasemin Karakasoglu die Tür verschlossen bleibt.

Aus der Politik ist das Haus von Wirtschaftssenator Martin Günthner (SPD) regelmäßig vertreten. Seine persönliche Referentin begründet die Vorliebe ihres Senators fürs BTC damit, dass es „einen hervorragenden Rahmen für Gedankenaustausch und Kontaktpflege“ biete. Auf Nachfrage, ob Günthner auch an einer Veranstaltung teilnehmen würde, von der Menschen mit dunklerer Haut ausgeschlossen sind, verstummt sie. Günthners Pressesprecher erläutert kryptisch: „Keine Antwort ist auch eine Antwort.“

Da ist man nicht nur beim Shani-Tempel weiter, sondern auch beim Weltkonzern Daimler. Ursula Schwarzenbart, dort seit zehn Jahren für Vielfalt („Diversity Management“) verantwortlich, sagt: „Gender ist für uns ein wichtiges Thema“, Diskriminierung werde nicht geduldet. Früher haben norddeutsche Daimler-Vertreter öfter beim BTC gesessen, nun versichert die Pressestelle: „Die Teilnahme von Daimler-Vertretern ist aktuell nicht geplant.“ Allerdings habe man dem BTC auch 2016 wieder „jeweils ein Fahrzeug als Sachleistung für einige Tage zur Verfügung gestellt“, mit einem Gegenwert in einem „sehr niedrigen vierstelligen Eurobereich.“

Die, wenn auch indirekte, Förderung einer diskriminierenden Veranstaltung läuft unterhalb des Radars der Diversity-Chefin, denn über solche Peanuts darf Daimlers Vertriebsdirektion Nord alleine entscheiden. Es wäre sicher sinnvoll, den norddeutschen Daimler-Männern die Unternehmensprinzipien in puncto Gleichstellung noch einmal zu kommunizieren.

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