: Angst vor Racheakten in Aleppo
SYRIEN Im Osten der Stadt sind die Lebensmittelvorräte seit zwei Wochen aufgebraucht. Krankenhäuser gibt es ohnehin nicht mehr. Zehntausende Menschen auf der Flucht
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Abdulhalek arbeitet nach eigenen Angaben in einer Notklinik, die in einem Keller errichtet worden sei. Mehrere Patienten hätten berichtet, Regimeanhänger hätten auf Menschen geschossen, die auf dem Weg in Gebiete unter Kontrolle der Regierung gewesen seien. Diese Angaben ließen sich nicht unabhängig überprüfen.
Auch Amnesty International warnte, viele Zivilisten in Ostaleppo befürchteten Racheakte. Syriens Regierung habe eine „lange und dunkle Geschichte“ von willkürlichen Festnahmen und Menschen seien verschwunden, erklärte Amnesty. Deswegen sei es um so wichtiger, Zivilisten in eroberten Gebieten zu schützen. UN-Nothilfekoordinator Stephen O’Brien teilte am Dienstag in einer Stellungnahme mit, das Schicksal der Zivilisten in den umkämpften Gebieten Aleppos sei zutiefst alarmierend. Rund 16.000 Männer, Frauen und Kinder seien vor der Gewalt geflohen.
Nach Angaben O’Briens sind die Lebensmittelreserven der UNO in Ostaleppo seit zwei Wochen aufgebraucht. Zudem gibt es dort keine funktionierenden Krankenhäuser mehr. Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen erklärte, die Menschen in Ostaleppo seien „praktisch ohne Gesundheitsversorgung“. Höchstens 32 Ärzte hielten sich noch dort auf.
Der UN-Nothilfekoordinator wies darauf hin, dass auch der von dem Assad-Regime kontrollierte westliche Teil Aleppos Schauplatz schwerer Gewalt sei. Alle Konfliktparteien töteten, verstümmelten und hungerten Menschen aus, um sich jeden militärischen Vorteil zu sichern. Die Kriegsparteien müssten sofort die Kämpfe einstellen und den Hilfsorganisationen Zugang zu den Menschen geben, forderte O’Brien.
Truppen des Machthabers Baschar al-Assad hatten mit Unterstützung iranischer Einheiten, Milizen der Hizbollah und der Luftwaffe Russlands seit dem Wochenende große Teile Ostaleppos erobert. Die russische Regierung erklärte dass Einheiten des Regimes bis zu 40 Prozent Ostaleppos unter ihre Kontrolle gebracht hätten.
Der syrische Chefunterhändler der Opposition bei den Friedensgesprächen in Genf, Georges Sabra, sagte unterdessen gegenüber der BBC, auch wenn Ostaleppo in die Hände des Regimes falle, sei das nicht das Ende des Kampfes gegen Assad. Er wies darauf hin, dass die Offensive der Armee eine politische Lösung des Konflikts erschwere. „Niemand kann unter diesen Umständen über friedliche Lösungen sprechen“, sagte Sabra.
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