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Mehrere Hundert gegen Islamfeindlichkeit

Bayern Bürger in Altdorf protestieren gegen Aussage von CSU-Bürgermeister Pöllot

ALTDORF dpa/taz | Nach der Diskussion über islamkritische Aussagen des dritten Bürgermeisters von Altdorf bei Nürnberg, Johann Pöllot (CSU), haben dort mehrere Hundert Menschen für Toleranz und gegen Islamfeindlichkeit demonstriert. Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Aiman Mazyek, bekam für einen Vortrag in der voll besetzten evangelischen Stadtkirche bei einer Feier zum Reformationstag am Montag viel Applaus – die meisten Zuhörer, unter ihnen der evangelische Dekan Jörg Breu, erhoben sich dafür sogar von ihren Plätzen.

Mazyek forderte in seiner Rede die etablierten Parteien auf, im Kampf um Wählerstimmen keine „gefährlichen rechtspopulistischen Parolen“ zu kopieren. Seinen Appell richtete er „insbesondere an die konservativen (Parteien) und hier in Bayern ganz besonders an die CSU“. Das Konzept von Sündenbockdiskussionen und Abwertungen von Minderheiten gehe nicht auf – „das sehen wir in Österreich, in Frankreich, in England oder Ungarn“. Stattdessen sollten sich die Parteien mit den Rechten klar auseinandersetzen. „Gestalten statt spalten – das muss unser Credo sein“.

Um die Veranstaltung hatte es zuvor hitzige Diskussionen gegeben. Der dritte Bürgermeister Pöllot hatte den Termin als „Islamschweinerei am Reformationstag“ bezeichnet. Später distanzierte er sich von der „verheerenden“ Formulierung und entschuldigte sich beim Dekan Breu sowie bei den Muslimen in seiner Gemeinde. Er sei kein Islamfeind und habe „keineswegs den Islam verunglimpfen“ wollen. Die SPD in Altdorf forderte dennoch Pöllots Rücktritt.

Aiman Mazyek sagte vor der Veranstaltung, er nehme Pöllots Entschuldigung an. „Was bleibt, ist, dass diese Hasssprache weiter salonfähig gemacht wurde.“ Er erwarte von den Parteien, sich davon klar zu distanzieren. Erleichtert zeigte sich nach der Veranstaltung Dekan Breu. „Ich bin froh, dass viele Menschen da waren, dass sie ruhig waren und nicht gestört haben.“

Vor der Veranstaltung kritisierte der erste Bürgermeister Altdorfs, Erich Odörfer (CSU), seinen Stellvertreter. Bei der Demo vor der Kirche sagte Odörfer unter dem lauten Jubel der Demonstranten, die Formulierungen Pöllots seien „falsch und nicht angebracht“ gewesen. „Altdorf ist bunt und soll es auch bleiben.“

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