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Terrorangriff auf Schlafsäle einer Polizeischule

PAKISTAN 60 Personen werden getötet. Der IS droht damit, zum „Albtraum der Regierung“ zu werden.

Ein überlebender Polizeischüler in einem Hospital in Quetta Foto: reuters

VON Sven Hansen

BERLIN taz | Bei einem Angriff auf eine Polizeischule in Pakistans Westprovinz Balutschistan sind mindestens 60 Personen getötet und mehr als 100 verletzt worden. Nach offiziellen Angaben drangen drei mit Sprengstoffgürteln und Automatikgewehren bewaffnete Männer am Montagabend kurz vor Mitternacht in den Gebäudekomplex 13 Kilometer außerhalb der Provinzhauptstadt Quetta ein.

Nachdem sie zwei Wächter getötet hatten, begannen die Angreifer in Schlafsälen auf Polizeirekruten zu schießen. Anschließend sollen sie Geiseln genommen haben. Manche Polizeirekruten versteckten sich unter den Betten oder sprangen aus den Fenstern. Als später Militärs und Paramilitärs anrückten, zündeten zwei Angreifer ihre Sprengstoffgürtel. Der Dritte wurde erschossen, bevor er sich in die Luft sprengen konnte. 250 Geiseln konnten befreit werden. Nach vier Stunden war der Angriff laut Angaben des Innenministers der Provinz vorbei.

Die Polizeischule war schon 2006 und 2008 von Terroristen angegriffen worden. In der vergangenen Woche hatten die Sicherheitskräfte Medienberichten zufolge Hinweise auf einen möglichen Anschlag in Quetta erhalten. Die Sicherheitsmaßnahmen wurden erhöht. Unklar ist, ob die Attentäter deshalb auf die Polizeischule außerhalb der Stadt auswichen oder ob sie von vornherein das Ziel war.

Unklar war zunächst auch noch, wer die Urheber des Attentats sind. Ein Kommandeur der Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) reklamierte gegenüber einem Journalisten den Angriff für seine Gruppe und drohte, der IS werde zum „Albtraum der pakistanischen Regierung“.

Zuvor hatte der Grenzkorps-General Sher Afghan die sunnitische Terrorgruppe Lashkar-e-Janghi al-Almi für den Angriff verantwortlich gemacht. Sie ist ein Ableger der Extremistengruppe Lashkar-e-Jangvi und soll dem IS im Jahr 2015 ihre Gefolgschaft erklärt haben.

Laut General Afghan wurden die Attentäter von Afghanistan aus angeleitet. Eine Selbstbezichtigung gab aber auch die Gruppe Tehrik-e-Taliban Karrach ab, eine Splittergruppe der pakistanischen Taliban. Sie sprach in einer Email an Journalisten von vier ihrer Selbstmordattentäter, die den Tod von Mitgliedern der Gruppe in Polizeigewahrsam gerächt hätten.

In Pakistan wird das hausgemachte Terrorproblem gern kleingeredet

Pakistan hat stets die Existenz des IS auf seinem Territorium bestritten, während in den afghanischen Grenzprovinzen Nangarhar und Kunar die Präsenz der Dschihadisten nicht mehr bezweifelt wird. Dort hat die Terrormiliz frühere Taliban rekrutiert und versucht, ein grenzüberschreitendes Regime aufzubauen.

Schon für den letzten großen Anschlag in Quetta im August auf trauernde Anwälte, bei dem es vor einem Krankenhaus mehr als 70 Tote gab, übernahmen der IS wie auch die Taliban die Verantwortung. Der IS konkurriert unter Pakistans Extremisten mit den Taliban und Al-Qaida. Zugleich ist es ein Muster pakistanischer Politik, das hausgemachte Terrorproblem des Landes klein zureden und andere, wie etwa Afghanistan, dafür verantwortlich zu machen.

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