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Mehr als die Hälfte steht unter sehr hohem Stress

Studierende Erstmals untersucht eine Studie detailliert das Stresslevel an deutschen Unis

Die Folgen des Stresses: Unzufriedenheit, Konzentrations- und Schlafprobleme

BERLIN taz | Schneller. Besser. Effizienter. Das sind die Schlagworte, die Studierenden heute begegnen. Und daraus folgt: Stress. 53 Prozent der Studierenden in Deutschland fühlen sich hohen Belastungen ausgesetzt – und sind damit sogar gestresster als Beschäftigte (50 Prozent). Das ergab eine Studie der Universitäten Potsdam und Hohenheim im Auftrag der AOK, die am Dienstag in Berlin vorgestellt wurde.

Die Studie baut auf den Angaben von mehr als 18.000 Studierenden aus sämtlichen Regionen Deutschlands auf. Das Ergebnis: Studentinnen haben ein signifikant höheres Stresslevel als männliche Kommilitonen. Studierende an Fachhochschulen weisen das höchste Stresslevel auf, wer an einer privaten Hochschule studiert ist entspannter als an einer staatlichen Hochschule. Der Bachelor ist stressiger als ein Master- oder Diplomstudiengang.

Hochschulbezogene Ursachen stellten den wichtigsten Stressoren-Bereich dar, sagt Uta Herbst vom Lehrstuhl für Marketing an der Universität Potsdam. Auch die Angst, den eigenen Erwartungen nicht zu entsprechen, löse Stress aus. Zwar seien Unterstützungsangebote an den Hochschulen den Studierenden bekannt, so Herbst, doch nur die Wenigsten nähmen sie auch in Anspruch.

Die Folgen des Stresses: Unzufriedenheit, Unruhe, Konzentrations- und Schlafprobleme. Auch der Konsum von Alkohol und Suchtmitteln wurde von einer kleineren Zahl der StudienteilnehmerInnen als Reaktion genannt.

Insgesamt hätten Studierende in Deutschland eine geringe Stressresilienz, sagt Herbst. Das bedeutet, dass sie Schwierigkeiten haben, dem Stress effektiv zu begegnen. Diese Resilienz sei bei Bachelorstudierenden am niedrigsten. Herbst führt das auch darauf zurück, dass immer mehr Studierende immer jünger und nicht ausreichend vorbereitet an die Hochschulen kommen.

Auch Hans-Werner Rückert, Leiter der Studien- und psychologischen Beratung an der Freien Universität (FU) Berlin, sieht einen Teil der Ursachen in der Bologna-Reform – also der Umstellung auch Bachelor und Master. Leistungsdruck und Prüfungsangst seien ab dem ersten Tag Bestandteil des Studiums, Überforderung inzwischen eine wichtige Ursache für Studienabbrüche. „Wer Hilfsprogramme in Anspruch nimmt, wird schnell als Weichei abgestempelt“, sagt Rückert.

In eine ähnliche Richtung geht die Kritik der Linkspartei: Es brauche einen gesellschaftlichen Kulturwandel, sagt die Parteivorsitzende Katja Kipping – „weg von der Idee eines Lebens auf der Überholspur des neoliberalen Wettbewerbs“. Denn diese führe zur Burnout-Gesellschaft. Dinah Riese

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