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Sanft, verbindlich, stur

Nachruf Der Journalist Klaus Harpprecht ist gestorben. Bekannt wurde er als Korrespondent in den USA und in Frankreich – und als Redenschreiber von Willy Brandt

von Rudolf Walther

BERLIN taz | Von seinem Büro, in dem er von 1972 bis 1974 als Redenschreiber Willy Brandts arbeitete, sprach der gebürtige Schwabe Klaus Harpprecht immer mit sanfter Stimme als seiner „Schreibstube“. Bei manchem hätte man das altbacken empfunden, bei ihm nicht, denn das Sanfte, Verbindliche und zugleich eher Zurückhaltende gehört zu einem seiner Wesenszüge. Harpprecht wurde am 11. April 1927 in ein streng gläubiges evangelisches Stuttgarter Pfarrhaus hineingeboren, und vielleicht hat ihn diese familiäre Herkunft mehr geprägt, als er erkennen ließ.

Seine journalistische Tätigkeit begann er 1948 beim konservativ-christlichen Blatt Christ und Welt, zu dessen Gründern der durch seine Tätigkeit im Reichssicherheitshauptamt berüchtigte Giselher Wirsing gehörte, der nach dem Krieg im Spruchkammerverfahren sozusagen fabrikmäßig „entlastet“ wurde. Anfang der 1950er Jahre wurde Harpprecht Mitarbeiter beim Rias und entdeckte seine Affinität zu Amerika. In den 60er Jahren produzierte er zusammen mit seiner Frau Renate Lasker-Harpprecht, die Auschwitz und Bergen-Belsen überlebte, hochgelobte Dokumentarfilme und Reportagen für den WDR und wurde schließlich Amerika-Korrespondent für das ZDF.

Von 1966 bis 1969 leitete er den S. Fischer Verlag in Frankfurt und übernahm 1967 nebenamtlich die Chefredaktion des stramm antikommunistischen Monat, der ein Jahr zuvor als von der CIA finanziertes Projekt entlarvt worden war. Harp­precht blieb bis zur Einstellung der Zeitschrift 1971 Chefredakteur und verteidigte sein Engagement zeitlebens als Eintreten für die „westliche Freiheit“. So verbindlich Harpprecht im Umgang war, so stur konnte er in politischen Fragen sein.

Nach seiner Tätigkeit als Redenschreiber Brandts, über die er ein Tagebuch führte, das er 2000 veröffentlichen ließ, übernahm Harpprecht die Zeitschrift Geo und wurde schließlich 1982, ein Jahr nach der Wahl des Sozialisten François Mitterrand zum Staatspräsidenten, Frankreich-Korrespondent für die Wochenzeitung Zeit. Ein beachtliches Nebenprodukt dieser journalistischen Tätigkeit sind seine kenntnisreichen historischen Studien: über deutsche Revolutionäre in Paris („Die Lust der Freiheit, 1982) und den Intellektuellen und Kosmopoliten Georg Forscher (1990).

Nebenprodukt seiner Tätigkeit sind kenntnisreiche historische Studien

Nach seiner Pensionierung 1982 übersiedelte er nach Südfrankreich und arbeitete weiter als Publizist, insbesondere für die Neue Gesellschaft/Frankfurter Hefte sowie die Zeit und widmete sich schriftstellerischen Arbeiten. 1995 brachte er eine Thomas-Mann-Biografie heraus, die sich nicht nur gut verkaufte, sondern auch beachtliche Resonanz in der Fachwelt fand. Weniger erfolgreich war er mit seinem Bericht „Mein Frankreich. Eine schwierige Liebe“ (1999), das viele Rezensenten etwas zu betulich fanden.

Harpprecht stand der langjährigen Zeit-Herausgeberin Marion Gräfin Dönhoff zeitlebens nahe. 2008 widmete er ihr und ihrem Lebenswerk eine Biografie. Von 2007 bis 2010 gab er zusammen mit Michael Naumann „Die Andere Bibliothek“ heraus. Harpprecht wurde 1996 mit dem E.-Drexel-Preis und 2009 mit dem Lessing-Preis der Stadt Hamburg ausgezeichnet. Als besondere Ehrung empfand er die zweimalige Verleihung des angesehenen Theodor-Wolff-Preises – zuerst 1966, dann 2011. Gestern ist Klaus Harp­precht in La Croix-Valmer in Südfrankreich im Alter von 89 Jahren gestorben.

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