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Es erinnert vieles an die Endphase der ebenfalls sozialistischen DDR in 1989.
Die allseits spürbare Mangelwirtschaft damals in der DDR und jetzt in Venezuela brachte auch jene gutgläubigen Bürger auf, die sich ansonsten nicht um Politik kümmerten und einfach nur ihr Leben leben wollten.
Dazu die unerträgliche Schönfärberei in den von der Staatspartei gesteuerten Medien, die nichts mit der Lebenswirklichkeit zu tun hatte. In Erinnerung sind noch die weltfremden Worte des Staats- u. Parteichefs E. Honecker, der noch Wochen vor seinem Abgang tönte: „Den Sozialismus in seinem Lauf hält weder Ochs‘, noch Esel auf!“ oder „Vorwärts immer – rückwärts nimmer!“.
Oder die lächerliche Behauptung, die Unruhen seien von außen gelenkt. Wie es einer Handvoll ausländischer Finsterlinge gelingen kann, hunderttausende Einwohner von Leipzig und Berlin, bzw. Caracas zu mobilisieren, noch dazu unter den wachsamen Augen der Staatssicherheit, bleibt unerwähnt.
Hoffentlich überlegen sich die Vertreter der Opposition in Venezuela bereits jetzt und nicht erst nach dem Abtritt Maduros, wie es dann weitergehen soll. Hoffentlich gelingt es ihnen, eine gemeinsame Linie zu finden, die nicht auf Kosten des Volkes geht. Und hoffentlich endet das alles nicht in Machtkämpfen und Bürgerkrieg zwischen den neuen Machthabern, wie viele zunächst hoffnungsvolle Neuanfänge!
Israels „begrenzte Bodenoffensive“ im Libanon birgt immense Gefahren. Nicht nur Iran steigt in den Krieg ein. Die Welt schaut ohnmächtig zu.
Kommentar Venezuela: Gerangel um die Macht im Staat
Hunderttausende waren in Venezuela auf der Straße – für und gegen den Präsidenten. Jeder will nun der Sieger sein. Dabei gibt es vor allem Verlierer.
Sollte die verschiedenen Demonstrationen auseinanderhalten: Polizeieinsatz in Caracas Foto: ap
Venezuelas Opposition hatte zur Einnahme von Caracas aufgerufen. Im Gegenzug rief die Regierung zur Abwehr eines faschistischen Staatsstreichs auf. Hunderttausende waren am Donnerstag in Venezuela auf den Beinen. Der Tag verlief weitgehend friedlich. Beide Seiten gaben sich als Sieger aus.
Kaum jemand glaubt noch, dass Präsident Nicolás Maduro das Land aus der tiefen Wirtschaftskrise und der sich stetig verschlimmernden Versorgungslage herausführen kann. Einzig, dass ihn der Comandante eterno Hugo Chávez zu seinem Nachfolger bestimmte, scheint ihn in den eigenen Reihen bisher vor dem Aus zu bewahren.
Mit einem Amtsenthebungsreferendum will die Opposition Maduro aus dem Amt hebeln. Lange hatte sie gebraucht, um sich darauf zu einigen. Jetzt läuft ihr die Zeit davon, um die in der Verfassung festgelegten Vorgaben zu erfüllen. Zudem sitzt die Regierung am längeren Hebel. Zwar wird sie das Referendum nicht verhindern können, aber mit ihrer Verzögerungsstrategie schiebt sie dessen Durchführung immer weiter hinaus.
Sollte das Referendum nicht bis zum 10. Januar 2017 abgehalten werden, dann müsste Maduro im Fall der Abwahl zwar gehen, aber es würde keine Neuwahlen geben. Sein Vize würde die Amtsperiode zu Ende führen. Schon jetzt ist allen Beteiligten klar: Maduro wird erst im kommenden Jahr abgewählt und Neuwahlen finden frühestens 2019 statt. Ob allerdings die leidende Bevölkerung weitere drei Jahren friedlich Schlange stehen wird, um immer weniger in den Regalen zu finden, ist offen.
Ein Teil der herrschenden Politfunktionäre ist denn auch längst bereit, Maduro zu opfern, wenn ihm im Gegenzug der straffreie Abzug für sich und seine Familien einschließlich des angehäuften Vermögens garantiert wird. Und einige Seilschaften der Opposition würden sich nur allzu gerne darauf einlassen, wenn nur ihre Geschäfte der vergangenen Jahre nicht allzu sehr durchleuchtet werden und die zukünftige Beteiligung an der Macht geregelt ist.
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Kommentar von
Jürgen Vogt
Korrespondent Südamerika
Kommt aus Karlsruhe. Studierte Politische Wissenschaft in Hamburg und Berlin und arbeitete zwölf Jahre als Redakteur und Geschäftsführer der Lateinamerika Nachrichten in Berlin. Seit 2005 lebt er in Buenos Aires. Er ist Autor des Reisehandbuchs “Argentinien”, 2024, Reise Know-How Verlag.
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