Flüchtlingsunterkunft in Niedersachsen: Umstrittenem Betreiber gekündigt
Er zeigte Bürgerkriegsflüchtlingen ein Gräuelvideo aus ihrer Heimat und verhängte willkürliche Regeln. Der Landkreis Gifhorn zog nun Konsequenzen.
Die Bewohner des Heims hatten berichtet, dass sie bei Verstößen gegen teils willkürlich festgelegte Regeln Strafzahlungen leisten mussten. Außerdem sei ein Propaganda-Video der IS-Terrormiliz gezeigt worden, in dem einem Jungen der Kopf abgeschlagen wird. Der Betreiber hatte dies in einem Bericht des NDR zugegeben.
Beschwerden gegen den Leiter seien Ende Juli bekannt geworden, sagte Kreisrätin Evelin Wißmann. Daraufhin habe es ein Gespräch mit dem Mann gegeben. Dass er Flüchtlingen, die zum Teil aus dem syrischen Bürgerkrieg flohen, ein Gräuelvideo zeigte, begründete der Leiter der Einrichtung auf Anfrage des NDR so: „Das Video habe ich aus dem Anlass heraus gezeigt, weil in einer Diskussion mal wieder Thema war, zu Hause sei alles besser. Da wollte ich mal veranschaulichen, was da so zu Hause los ist.“
Der Landkreis betonte, dass es zu keinem Zeitpunkt eine Abstimmung über einen Sanktionskatalog in der Unterkunft gab. Nachdem bekannt wurde, dass eine solche Liste existiert, sei diese eingezogen worden. Dem Betreiber sei erläutert worden, dass er zu solchen Maßnahmen nicht berechtigt sei und dass der Landkreis einen solchen Strafkatalog nicht billige.
Das niedersächsische Innenministerium sprach von einem „zutiefst beschämenden und verstörenden Sachverhalt“, der mit aller Konsequenz aufgeklärt und geahndet werden müsse. Ob das Land aus dem Fall Konsequenzen ziehen wird, blieb zunächst offen. Das Ministerium verwies darauf, dass allein die Kommunen für die von ihnen betriebenen Unterkünfte zuständig sind.
Soziale Betreung ist gefragt
Der Landesflüchtlingsrat begrüßte die Vertragskündigung mit der Sicherheitsfirma. „Im Kern geht es schließlich um die soziale Betreuung und nicht um eine 24-stündige Sicherung“, sagte Sebastian Rose vom Flüchtlingsrat.
Anders als der Landkreis Gifhorn hätten andere Kommunen bei der Auswahl des Betreibers das Sozialkonzept in den Vordergrund gestellt und nicht den Preis. „Das eine reine Sicherheitsfirma eine Unterkunft betreibt, ist uns bisher nicht noch mal untergekommen.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen
Umgang mit nervigen Bannern
Bundesrat billigt neue Regeln für Cookies