: „Rückkehr zur Normalität wäre wünschenswert“
GREMIEN Der Landtagsausschuss zur islamistischen Gefahr befragt Niedersachsens höchsten Polizisten. Der sagt, die Arbeit der Kollegen werde vor allem von solchen Ausschüssen erschwert
Die klassische Polizeiarbeit leidet nach Ansicht des niedersächsischen Polizeipräsidenten Uwe Binias unter der zunehmenden Tätigkeit der Beamten für die Landtagsgremien. So sei etwa die Unterrichtung eines Ausschusses oft mit erheblichem Aufwand verbunden, sagte der 60-Jährige gestern in Hannover vor dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss zu islamistischen Bedrohungen. „In der letzten Zeit beobachte ich eine zunehmende Beanspruchung“, so Binias weiter. „Diesen Aufwand würden wir gerne wieder für unsere Dienstleistungsfunktion aufbringen können“ – auch wenn der Landtag das Recht auf seiner Seite habe. „Eine Rückkehr zu der von mir über Jahre wahrgenommenen Normalität wäre wünschenswert.“
Anlass Messerattacke
Der Ausschuss hat seine Arbeit Mitte Mai auf Betreiben der CDU/FDP-Opposition aufgenommen. Hintergrund war die Messerattacke einer Schülerin auf einen Bundespolizisten im Hauptbahnhof Hannover. Die Tat soll eine Märtyreroperation für die Terrormiliz „Islamischer Staat“ gewesen sein. Die Bundesanwaltschaft hat inzwischen Anklage wegen versuchten Mordes erhoben.
Niedersachsens obersten Polizisten befragte das 13-köpfige Gremium jetzt als Zeugen zur Kooperation der diversen Abteilungen innerhalb der Sicherheitsbehörden. Im Kern geht es um etwaige organisatorische oder personelle Schwierigkeiten. Bei 24.000 Mitarbeitern komme es immer wieder mal zu handwerklichen Fehlern, sagte Binias. „Wir gehen offen mit festgestellten Fehlern oder Mängeln um und sorgen gemeinsam mit den entsprechenden Behörden für eine Nachregulierung.“
Dabei werde nichts geheim gehalten. Auch die Zusammenarbeit mit anderen Stellen sei tadellos: „Nach meinem Kenntnisstand ist die Zusammenarbeit mit dem Verfassungsschutz gut.“
Binias, der über alle wichtigen polizeilichen Vorgänge im Lande informiert wird, hatte nach eigenen Angaben nach der ersten Information über die Attacke zunächst keine Hinweise auf einen strategischen Handlungsbedarf. Eine unter anderem nach Medienberichten in Auftrag gegebene interne Fehleranalyse habe zwar operative Mängel offenbart, aber keine Systemfehler. Eine Überlastung des Landeskriminalamts sei ihm bis zur Zeit der Einsetzung des Ausschusses ebenfalls nicht bekannt geworden.
In Niedersachsen ist das Landespolizeipräsidium in Hannover die oberste Führungsstelle der Polizei. (dpa)
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