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Grüne zweifeln an den Liebesgrüßen der SPD

Koalitionen Mit der CDU wollen auch die Grünen nicht kooperieren. Würden sie mit der SPD den Senat stellen, wäre es wäre ihre dritte Regierungsbeteiligung in Berlin. Die ersten beiden dauerten nicht lang

BERLIN taz | Am Ende ging es ganz fix. Kaum hatte Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) eine Koalition mit der CDU des Spitzenkandidaten Frank Henkel ausgeschlossen, taten es ihm die Grünen nach: „Wir werden keine Koalition mit der CDU eingehen“, betonte Ramona Pop vom grünen Spitzenteam am Mittwoch. „Dieser CDU werden wir zu keiner Mehrheit verhelfen.“

Das also ist abgehakt, auch wenn die Grünen ein bisschen auf Distanz gingen zur Koalitionsofferte der SPD. „Diese Liebe der SPD zu den Grünen erkaltet schlagartig nach dem Wahltermin“, unkte Pop und betonte, dass sich die SPD eine Hintertür offengehalten habe. „Schon mancher, der SPD gewählt hat, ist mit der CDU aufgewacht.“

Tatsächlich hatte Müller nur eine Koalition mit der „Henkel-CDU“ ausgeschlossen. Dass die CDU nach einer Wahlniederlage ihren Spitzenkandidaten vom Hof jagt, ist aber unwahrscheinlich. Seit Müllers Festlegung können sich die Grünen also darauf einstellen, demnächst in die Landesregierung einzuziehen.

Es wäre erst die dritte Koalition mit grüner Beteiligung in Berlin. Das erste rot-grüne Bündnis wurde 1989 geschmiedet. Weil die rechten Republikaner ins Abgeordnetenhaus eingezogen waren, hatten SPD und Grüne plötzlich eine Mehrheit – und konnten herzlich wenig miteinander anfangen. Im Streit um die Räumung von 13 besetzen Häuser in der Mainzer Straße im November 1990 zerbrach das Bündnis. Einen zweiten Anlauf gab es 2001 nach dem Bankenskandal. Rot-Grün stürzte mit Hilfe der damaligen PDS den CDU-Bürgermeister Eberhard Diepgen und regierte – übergangsweise ein halbes Jahr.

Ironie der Geschichte

Dass die Grünen nun ausgerechnet 2016 in die Landesregierung einziehen könnten, ist nicht ohne Ironie. Denn vor fünf Jahren war die Partei mit einer eigenen Kandidatin für das Amt der Regierenden Bürgermeisterin angetreten. Die ehemalige Verbraucherschutzministerin Renate Künast mischte den Berliner Wahlkampf auf, lieferte sich zunächst ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit Klaus Wowereit und brach am Ende ein. Die Grünen kamen auf 17,6 Prozent.

Wowereit entschied sich für die CDU, und die Grünen hätten sich fast zerlegt. Eine Konsequenz daraus war, diesmal ohne Spitzenkandidaten ins Rennen zu gehen. Stattdessen vertrat ein Viererteam die Grünen, vertreten durch die beiden Frak­tions­chefinnen Ramona Pop und Antje Kapek und die Landeschefs Daniel Wesener und Bettina Jarasch. Paritätisch auch die Flügelzugehörigkeit: zwei Realas, zwei Linke.

Was aber, wenn die Grünen am 18. September vor der SPD liegen sollten? Dann, heißt es aus dem Wahlkampfteam, soll Ramona Pop werden, was Künast misslungen ist. Schließlich steht sie auf Nummer eins der Landesliste. Und Michael Müller müsste in diesem Fall an seine Wahlaussage erinnert werden: Kein Bündnis mit der CDU heißt im Fall der Fälle auch Juniorpartner der Grünen.

Uwe Rada, Stefan Alberti

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