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Schule verbietet Schleier

Niqab-Prozess

Am Abendgymnasium Sophie Scholl in Osnabrück kann sich jeder anziehen, wie er will. Es gibt keine Bekleidungsvorschriften, Hotpants, Jogging-Hosen, alles ist erlaubt. In der Schulordnung sind auch keine religiösen Symbole verboten. Eine Schülerin mit Gesichtsschleier wollten die dortigen Lehrer trotzdem nicht unterrichten. Weil die 18-Jährige nicht auf ihren Niqab – ein meist schwarzer Schleier, der nur die Augen frei lässt – verzichten wollte, wurde sie von der Schule geworfen. Am vergangenen Montag gab das Verwaltungsgericht Osnabrück der Schule recht.

Die Muslima war wegen des großen Medieninteresses nicht im Gerichtssaal aufgetaucht und hat deshalb auch nicht erklärt, warum es für sie unzumutbar ist, auf den Gesichtsschleier zu verzichten.

Die Lehrer hingegen haben über die niedersächsische Landesschulbehörde ihre Argumente vorgebracht. Wenn sie das Gesicht und die Mimik ihrer Schülerin nicht sehen könnten, sei keine Kommunikation und somit auch kein Unterricht möglich, sagte Behördensprecherin Bianca Schöneich. Außerdem müsse es möglich sein, die Schülerin zu identifizieren. Dazu allerdings hatte sich die 18-Jährige bereit erklärt. Sie wollte einer weiblichen Lehrkraft vor dem Unterricht ihr Gesicht zeigen und es in der Klasse wieder verhüllen.

Während die Verbannung des Burkini von französischen Stränden diskutiert und von Unionsministern ein Burka-Verbot im Straßenverkehr und öffentlichen Räumen gefordert wird, gab es bundesweit Interesse an dem Osnabrücker Urteil. Auch der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) äußerte sich: „Wer kommunizieren will, und das muss man an einer Schule, dem muss man auch ins Gesicht sehen können“, sagte er der Neuen Osnabrücker Zeitung.

Von einem grundsätzlichen Verbot von Gesichtsschleiern in der Öffentlichkeit hält Weil allerdings nichts. Zwar seien Burka und Niqab Symbole der Unterdrückung von Frauen, aber: „Ein Verbot dürfte jedoch wenig bringen oder sogar dazu führen, dass sich die Frauen noch weniger in der Öffentlichkeit zeigen dürfen als jetzt.“

An niedersächsischen Schulen sind Frauen und Mädchen mit Vollverschleierung bisher kein großes Problem. In diesem Jahr habe es nur einen weiteren Fall an einer Schule gegeben, sagte Schöneich. Nach Gesprächen zwischen der Schulleitung und der Schülerin habe sie darauf verzichtet, ihr Gesicht zu bedecken. Laut Schön­eich nehme sie weiter am Unterricht teil. rea

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