piwik no script img

Ralf Pauli über den Streit um die Sekundarschule in NRWPunktsieg für die Konservativen

Nordrhein-Westfalen ist besonders. Das wissen alle, die Kölsch und Karneval lieben. Auch im Schulsystem hat das Land Einmaliges zu bieten – auch wenn im Rest der Republik ähnlich absurd zusammengebraut wird. Es geht um einen faulen Kompromiss namens Sekundarschule. Diese führte vor fünf Jahren ein ungewöhnliches Bündnis aus Grünen, SPD und CDU ein. Die neue Schulform sollte verhindern, dass die Schulen auf dem Land sterben – und gleichzeitig die Bildungsgerechtigkeit erhöhen, indem verschieden begabte SchülerInnen gemeinsam lernen.

Schönes Ziel. Leider hatte der Deal einen Haken: Die Sekundarschule hat keine Oberstufe, weshalb dort niemand das Abi machen kann. Blöd, wenn man die Bildungsgerechtigkeit erhöhen will. Die meisten Eltern wollen heute ihren Kindern eine Hochschulreife ermöglichen. Wie das für alle möglich sein soll, darüber streiten sich Eltern und Parteien schon lange.

In Hamburg endete 2010 die erste schwarze-grüne Regierungskoalition an dem Widerstand derer, die nicht einsehen wollten, dass eine neue Stadtteilschule nicht automatisch das Gymnasium abwertet. In Baden-Württemberg ätzt die CDU schon seit Jahren gegen die von den Grünen vor­angetriebenen Gemeinschaftsschulen. Auch hier ist der strittige Punkt: Verliert das Gymnasium sein Alleinstellungsmerkmal? Nein, sagen die Grünen – und stimmten dann nach der Landtagswahl im März doch einem „Kompromiss“ mit der CDU zu. An höchstens zehn Gemeinschaftsschulen soll das Abitur möglich sein. Punktsieg für die Bildungskonservativen.

Eine Studie der Rosa-Luxemburg-Stiftung hat übrigens gerade bestätigt, dass eine neue Schulform in NRW für viele Eltern keine Alternative zum Gymnasium darstellt, wenn die SchülerInnen dort kein Abi machen dürfen. Kein Wunder. Mal gucken, wann das auch in Baden-Württemberg auffällt. Verfechter der Bildungsgerechtigkeit müssten sich das wünschen.

Inland

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen